Stadtlexikon Darmstadt

Logo Darmstadt

Narrhalla

Am 02.02.1846 wurde die Narrhalla als erster Karnevalsverein in DA und als elfter in rheinischer Tradition in Deutschland gegründet. Der Verein fußte auf der Tradition der im 19. Jahrhundert aufgekommenen populären Maskenbälle und orientierte sich an den Gründungen der Karnevalsvereine in Mainz und Köln. Maskenbälle und Fastnachtsaktivitäten hatten in DA lange Zeit hauptsächlich bei Hofe statt gefunden. Dies änderte sich erstmals mit den seit 1832 veranstalteten öffentlichen Maskenbällen im Hoftheater. Gleichzeitig entdeckten auch die bürgerlichen Vereine den Karneval für ihre Veranstaltungen im Winter; die großen Wirtschaften veranstalteten ebenfalls Maskenbälle. Großen Anteil am karnevalistischen Geschehen hatte die zuerst 1846 gegründete und 1856 wieder erstandene Narrhalla, die den Karneval gewissermaßen institutionalisierte, indem sie nach Mainzer Vorbild neben Maskenbällen auch karnevalistische Abende veranstaltete und das „Leberklöß-Essen“ auf dem Karlshof an Aschermittwoch einführte. Die Narrhalla veranstaltete ihre Sitzungen und Maskenbälle anfangs im Saal der „Traube“ oder in Heylers Garten (Moritzhalle), danach auch im Ritsert’schen Saal (später „Schützenhof“ in der Hügelstraße). Der erste Große Ball wurde 1851 im Hoftheater gefeiert.

Nach und nach veranstalteten auch andere Vereine Karnevalsveranstaltungen, z. B. die Turngemeinde DA (TSG 1846) seit 1873 und der 1905 gegründete Karnevalsverein Bessungen. Die Saalbau AG richtete ab 1874 Maskenbälle im neu erbauten städtischen Saalbau (Festhallen) aus. Die 1878 gegründete „Darmstädter Carnevals-Gesellschaft“ kürte auf ihrer Veranstaltung im Saalbau 1880 erstmals einen Prinzen Karneval. Der Prinz des Jahres 1886 fuhr beim ersten Karnevalszug mit, der am 07.03.1886 nach dem Vorbild der rheinischen Züge – allerdings am Sonntag – durch die Straßen der Residenz zog. Beim dritten Karnevalszug 1889 ist erstmals ein Prinzenpaar mit von der Partie – wobei im Kostüm der Prinzessin ein Mann steckte. 1908 vereinigte sich die Narrhalla mit der „Darmstädter Carnevals-Gesellschaft“ zur „Karnevalsgesellschaft Narrhalla“. Einzigartig ist die von Ehrenpräsident Hartmuth Pfeil entworfene Narrenkappe, die noch heute die Symbole beider Vereine erkennen lässt. Zu den treibenden Kräften der Narrhalla wie des Darmstädter Karnevals in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts gehörten der Mundartdichter Robert Schneider, Bänkelsänger Heinrich Gutkäse, Peter Hanauer und gelegentlich Stadtbaumeister August Buxbaum. Trotz mehrmaliger Einschränkungen der Redefreiheit, Zensur der Büttenreden und der versuchten Vereinnahmung durch die Organisation „Kraft durch Freude“ fanden auch nach 1933 weiterhin Veranstaltungen statt, bis der Krieg dem karnevalistischen Treiben ein Ende bereitete. Mit Hartmuth Pfeil als Vorsitzenden versuchte die Narrhalla 1947 einen Neubeginn. Am 24.02.1950 zog nach langer Zeit wieder ein Karnevalszug durch DA, in dem die Probleme der Nachkriegsjahre thematisiert wurden. Organisiert wurde er von der wieder ins Leben gerufenen Interessengemeinschaft der Darmstädter Karnevalsvereine (Narrhalla, Karnevalsverein Bessungen, Velocipedclub, TSG 1846, ab 1961 TG 1875), die auch seit 1962 die Rhein-Mainischen Gardetreffen veranstaltete. 1959 gab es mit Horst I. und Inge erstmals seit vielen Jahren wieder ein Darmstädter Prinzenpaar. Tragende Kräfte der Narrhalla waren nach dem Krieg u. a. Günther Gutkäse, Hans Herter alias „Mickedormel“, Karl Bernius, Cläre Laudenberger und Werner Rühl. Gelegentlich versuchte sich auch OB Ludwig Engel in der Bütt. 1963 begründete die Narrhalla unter Horst Jacobi gemeinsam mit dem damaligen Stadtrat Horst Seffrin die von der Stadt geförderten Seniorensitzungen. Anlässlich des 121. Jubiläums wurde dem Verein durch Stadtkämmerer Joachim Borsdorff am 08.01.1967 die Silberne Verdienstplakette der Stadt DA verliehen als Ehrung einer Institution des Darmstädter Witzes. Seit vielen Jahren dienen die Säle der Tanzschule Bäulke und des Maritim-Konferenzhotels (Hotels) der Narrhalla, die im Februar 2011 ihr 11 x 15-jähriges Bestehen feiern konnte, als Orte des alljährlichen närrischen Treibens.