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Rosenhöhe

Die Rosenhöhe, einer der schönsten Gärten DAs, ist stadträumlich als Übergangszone zwischen bebauter Stadt und offener Kulturlandschaft von besonderer Bedeutung. Einst weit vor den Toren der Stadt hinter dem Großen Woog gelegen, wurde sie bis zum Ende des 18. Jahrhunderts – unter ihrem alten Namen „Busenberg“ – überwiegend für den Weinbau genutzt. Die Entstehung des Parks geht wohl auf das Jahr 1817 zurück. Die ersten Gartenanlagen wurden im Auftrag der Großherzogin Wilhelmine von dem Schwetzinger Gartenbaudirektor Johann Michael Zeyher gestaltet. Planungsidee war „auf der Anhöhe eine Gartenkomposition zu schaffen, die den freien edlen Geist landschaftlicher Natur atmet“. Dieser Leitgedanke war getragen von der Gartenbautheorie und -praxis um 1800. Die Wurzeln des englischen Landschaftsgartens waren damals „die verschönerte Länderei oder arkadische Länderei“, das bedeutete eine idealisierte Landschaft, eine romantische Idylle mit Wiesen, Baumgruppen, überraschenden Ausblicken, Architekturelementen, intensiv gärtnerisch gestaltete Gartenszenerien sowie die Verbindung der Parklandschaft mit der bäuerlichen Kulturlandschaft. Zu der biedermeierlichen Ausstattung des Parks gehörte auch das heute noch vorhandene „Teehäuschen“ aus dem frühen 19. Jahrhundert. Der Entwurf des zweigeschossigen klassizistischen Häuschens stammt vermutlich von Georg Moller. Besonders sehenswert ist die vergoldete Dachspitze mit Kugeln und Halbmond.

Im Jahr 1826 erhielt die Parkanlage eine neue Bewertung als Grabstätte des großherzoglichen Hauses durch den Bau des klassizistischen Mausoleums durch Moller sowie des Neuen Mausoleums 1905 bis 1910 durch Karl Hofmann (Mausoleen, Grabstätten der großherzoglichen Familie). Bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts war die Gartenanlage einem ständigen Wandel unterzogen. Es entstanden zusätzliche Einzelgebäude wie der Spanische Turm sowie das 1891/92 an Stelle eines Biedermeierhäuschens errichtete Palais Rosenhöhe durch Prinz Wilhelm, den Enkel Wilhelmines. Nach Wilhelms Tod erbte sein Neffe Ernst Ludwig mit dem Park auch das Palais, das zunächst die preußische Gesandtschaft und nach 1918 Wohnungen beherbergte, die vom Hofmarschallamt verwaltet wurden. 1922 bis 1925 lebte auch einer der bekanntesten Fotografen der Zeit, Albert Renger-Patzsch, im Palais Rosenhöhe. 1944 versank das Palais in Schutt, Asche und Vergessenheit.

Als die gesamte Parkanlage im Jahr 1900 in den Besitz des Großherzogs Ernst Ludwig kam, begann eine weitere umfangreiche Neu- und Umgestaltung. Auf der höchsten Erhebung des Parks schuf er einen Rosengarten, der als Darmstädter Gartenstil in die Geschichte der Gartenkunst einging. Ernst Ludwig verschmolz hier die italienische Gartenarchitektur mit den Stilelementen des englischen Rosengartens. Aus Kostengründen konnte der Ausbau nur Schritt für Schritt erfolgen. Baumaterialien wurden teilweise aus zweiter Hand erworben, d. h., das Material für Balustraden, Treppen, Pergolen usw. erhielt er z. B. aus Häuser- und Mauerabbrüchen. Diese Bauweise ergab jedoch die für diesen Garten charakteristische individuelle reizvolle Note. Während des Ersten Weltkriegs mussten Teile des Parks der wirtschaftlichen Notwendigkeit weichen, d. h., viele Flächen wurden landwirtschaftlich genutzt. 1925 war jedoch der alte Zustand wiederhergestellt und in dem darauf folgenden Jahr, zum 25-jährigen Jubiläum der Künstlerkolonie auf der Mathildenhöhe, fand die Wiederherstellung des Parks, in der Umsetzung des Löwentors von der Mathildenhöhe an den westlichen Parkeingang der Rosenhöhe, ihren Abschluss.

Nach dem Zweiten Weltkrieg veränderte sich die Situation des Parks völlig. Mangelnde bzw. keine Pflege und die Schließung der vorhandenen Parkgärtnerei ließen den Park verfallen. Dies führte zu der Bebauung des Nord- und Südrands sowie zum Bau der Neuen Künstlerkolonie hinter dem Löwentor. Diese neue Entwicklung hat die Parkanlage stark belastet und ihre Funktion zum Erliegen gebracht. Die einst viel gerühmte Atmosphäre der Rosenhöhe war zu diesem Zeitpunkt kaum noch zu erahnen. Der Park verschwand aus dem Gedächtnis der Darmstädter. Anfang der 1970er Jahre, ausgelöst durch einige engagierte Gartenliebhaber und Gartenarchitekten, erwachte wieder das Interesse an diesem Park. Politiker und die breite Öffentlichkeit diskutierten über eine mögliche Zukunft dieses einstigen Gartenkleinods. Bis 1980 war der Park im Besitz des Großherzoglichen Hauses und ging dann nach langwierigen Verhandlungen mit dem Ziel, den Park der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, in den Besitz der Stadt DA über. Der verwilderte und verwahrloste Zustand des Parks, ausgenommen die nähere Umgebung der Mausoleen und der Gräber, löste eine lange Diskussion aus, in welchem Umfang die Wiederherstellungsarbeiten durchgeführt werden sollten. Ein Vorschlag war, die im Laufe der Jahrzehnte entstandenen Verwilderungsbiotope zu belassen und nur durch einige Wege zu erschließen. Die Alternative sah vor, den Garten in seinen historischen Zustand bis zum Ausbaustand um 1926 zurückzuführen. Für diesen Vorschlag fand sich eine politische Mehrheit. Das städtische Gartenamt wurde 1981 mit der Parksanierung beauftragt. Mangelnde Geldmittel zwangen zu kleinen Ausbauschritten; wie einst beim Großherzog musste mit Spolien gearbeitet werden, um Geld zu sparen. Dies beeinträchtigte jedoch nicht das Ergebnis der 20 Jahre dauernden Wiederherstellungsarbeiten. Im Gegenteil, heute kann der Besucher wie einst die Großherzogin Wilhelmine wieder sagen „vor allen andern lächelt mir dieser Erdenwinkel“.

Lit.: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Hessen. Stadt Darmstadt. Hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen in Zusammenarbeit mit dem Magistrat der Stadt Darmstadt – Denkmalschutzbehörde – Braunschweig, Wiesbaden 1994, S. 387-400; Mabille, Yvonne / Scheunemann, Beate: Die Rosenhöhe in Darmstadt – 180 Jahre Garten und Parkgeschichte, Darmstadt 1994; Maaß, Rainer: Gartenkunst im Osten Darmstadts: Die Anfänge der Rosenhöhe. In: Kunst in Hessen und am Mittelrhein, 2012, NF 7, S. 77-91; Dahlinger, Annelore: Die Darmstädter Rosenhöhe. Führung durch Geschichte und Botanik, Darmstadt 2014.