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Ernst Ludwig Großherzog von Hessen und bei Rhein

* 25.11.1868 Darmstadt
† 09.10.1937 Schloss Wolfsgarten
Zur sorgfältigen Berufsvorbereitung des Erbgroßherzogs gehörten neben der unabdingbaren Offiziersausbildung mehrere Semester Jurastudium in Leipzig und Gießen. Im Gegensatz zum Vater war Ernst Ludwig kein begeisterter Soldat, übernahm aber die liberal-konstitutionelle Grundeinstellung, die durch längere Aufenthalte bei den englischen Verwandten verstärkt wurde. Die vielseitigen künstlerischen Interessen waren ein Erbe und Vermächtnis der zu früh verstorbenen Mutter Alice. Sie galten Literatur, Theater und Musik; wie manche seiner Vorfahren hat auch Ernst Ludwig selbst geschrieben und komponiert, war begeisterter „Wagnerianer“ und Förderer Max Regers. Wichtiger noch wurde der Einsatz für die bildende Kunst, die neuen Tendenzen des von der britischen „Arts and Crafts“-Bewegung beeinflussten Jugendstils in Architektur und Design. Eine der ersten Entscheidungen nach dem Regierungsantritt 1892 war der Ersatz der konventionellen Wettbewerbspläne für das Hessische Landesmuseum durch den unter Mitwirkung Ernst Ludwigs konzipierten Neubau Alfred Messels. Zum Zentrum des deutschen Jugendstils wurde DA mit der 1899 von Ernst Ludwig gegründeten Künstlerkolonie auf der Mathildenhöhe und ihrer ersten Ausstellung „Ein Dokument deutscher Kunst“ (1901). Die Folgeausstellungen zeigten noch stärker, dass die neue Form auch zur Belebung von Gewerbe und Industrie eingesetzt wurde, besonders deutlich zu erkennen an der Darmstädter Möbelindustrie (Alter, Bechtold, Glückert, Trier). Interesse und Förderung fanden auch technische Neuerungen, der Autobau bei Opel wie die mit Schwager Heinrich von Preußen propagierte Luftfahrt.

Kritische Urteile aus dem Umfeld des kaiserlichen Vetters Wilhelm in Berlin, die Ernst Ludwig wegen seiner europäisch-liberalen Haltung zum schlechten Patrioten oder zum „roten Großherzog“ stempeln wollten, waren zweifellos überzogen. Er sah die Krise des überkommenen Systems und erkannte wohl eher als der Kaiser, dass dynastische Beziehungen in der Politik der Nationalstaaten keine Rolle mehr spielten. Ernst Ludwig akzeptierte die Revolution 1918, obwohl er eine formelle Abdankung verweigerte. Beliebtheit und Achtung im Lande beließ ihn auch in den Jahren des Volksstaats unter Beibehaltung der Stadtresidenz im Neuen Palais eine angesehene Stellung. Seine Grabstätte ist auf der Rosenhöhe.

Lit.: Neue Deutsche Biographie. Hrsg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 4, S. 613f.; Knodt, Manfred: Ernst Ludwig, Großherzog von Hessen und bei Rhein, Darmstadt 1977; Franz, Eckhart G. (Hrsg.): Erinnertes, Aufzeichnungen des letzten Großherzogs Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein, mit einem biogr. Essay von Golo Mann, Darmstadt 1983; Haus Hessen. Biografisches Lexikon, hrsg. von Eckhart G. Franz (Arbeiten der Hessischen Historischen Kommission, NF 34), Darmstadt 2012, HD 90, S. 373-375; Fetting, Martina: Zum Selbstverständnis der letzten deutschen Monarchen (Mainzer Studien zur Neueren Geschichte 30), Frankfurt/Main 2013, S.172-242.