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Hofmeierei

Die Hofmeierei, das landwirtschaftliche Gut zur Versorgung des landgräflichen Hofs befand sich bis zum Ende des 16. Jahrhunderts südlich des Schlosses und wurde danach in die Alte Vorstadt verlegt. Zu ihr gehörte ursprünglich eine Mühle, die von dem nach ihr benannten Mühlbach angetrieben wurde, dazu Brauerei, Brennerei, Marstall, Zehntscheuer, Hühnerhof und weitere Gebäude. Im Laufe der Zeit wurden die Wirtschaftsgebäude, um Platz für Wohn- und Militärbauten zu schaffen, Zug um Zug nach Norden vor das Sporertor (Stadttore) an den Rand des Herrngartens verlegt. 1818 wurden Brauerei und Geflügelhof aufgegeben und die Anlage in einen Meierei-Musterbetrieb ungewandelt, die alten Gebäude abgerissen und von Georg Moller 1819 neu errichtet. Nur die alte Zehntscheuer blieb bis 1865 erhalten. 1845 wurde der Hofmeierei das fürstliche Waschhaus als Ersatz für das am Schlossgraben abgebrochene angegliedert. 1892 fiel der gesamte Komplex der Neuplanung für die TH Darmstadt (Technische Universität Darmstadt, alte Gebäude) zum Opfer. Der Meiereibetrieb wurde an die Erbacher Straße verlegt, wo 1892 neue Stallungen und Wirtschaftsgebäude entstanden, die 1902 durch Wohnhaus und großes Wohn- und Stallgebäude ergänzt wurden. Seit 1896 ist der Betrieb verpachtet.

1919 gingen alle großherzoglichen Domänen in den Besitz des Hessischen Staates über, darunter auch die Hofmeierei. Als der Vertrag des letzten Pächters mit dem Land Hessen 2006 auslief, erwarb die „Stiftung Hofgut Oberfeld“, die aus einer Bürgerinitiative zur Erhaltung des historischen Ensembles hervorging, die Gebäude für rund 1,2 Millionen Euro und pachtete die Ländereien. In den folgenden Jahren wurde das Hofgut in einen biologisch wirtschaftenden Betrieb mit Bäckerei, Hofladen und angeschlossenem Café umgestellt, die unter Denkmalschutz stehenden Gebäude nach und nach saniert. Für die auf 50 Tiere angewachsene Kuhherde errichteten die Betreiber, die seit 2007 als „Hofgut Oberfeld Landwirtschaft AG“ firmieren, jenseits der Erbacher Straße einen neuen Kuhstall mit Wirtschaftsgebäuden und Käserei. Neben den Kühen bevölkern Gänse, Hühner und Pferde das Hofgut. Seit 2010 können Darmstädter Gartenliebhaber auf dem Oberfeld kleine Gartenparzellen pachten und mit Hilfe der Landwirte des Hofguts mit Obst, Gemüse und Blumen bestellen.

Der Betrieb des Hofguts war von Beginn an mit einem sozialtherapeutischen Konzept für Menschen mit Behinderung verknüpft. Sie sollten auf dem Hofgut Wohn- und Arbeitsplätze finden. Im Januar 2011 zogen die ersten Menschen mit Behinderung ein, 2011/12 wurde in Kooperation mit dem Verein „Lebensweg e. V.“ ein Wohnhaus mit 22 Plätzen im stationär begleiteten und ambulant betreuten Wohnen errichtet, das angrenzende ehemalige Milchhäuschen denkmalgerecht saniert und zu Wohnraum für Mitarbeiter der Sozialtherapie umgebaut. Daneben dient das Hofgut Oberfeld auch als Lernort für Kinder und ermöglicht ihnen spielend Landwirtschaft zum Anfassen; außerdem finden regelmäßig Kulturveranstaltungen statt. Das Hofgut hat sich, vor allem am Wochenende, zu einem Treffpunkt der Darmstädter entwickelt.

Lit.: Walz, Karin: Das Oberfeld in Darmstadt. Eine Stadt und ihr Feld, Darmstadt 2010, S. 47-87.