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Gartenbauvereine

Durch die Förderung des Obst- und Gartenbaus seitens der Regierungen im Kaiserreich entstanden um die Wende zum 20. Jahrhundert innerhalb weniger Jahre viele Obst- und Gartenbauvereine, so auch drei Vereine in Arheilgen, Eberstadt und Wixhausen. Der älteste war der am 01.05.1898 gegründete Obst- und Gartenbauverein Arheilgen. Ausgelöst wurde die Gründung durch einen Vortrag über Obstanbau und Gartenpflege, an dessen Ende sich 30 Arheilger zur Vereinsgründung entschlossen. Mit einem Festakt im Bürgermeister-Pohl-Haus im Mai 2001 und einer großen Obst- und Gemüseausstellung im September in der TSG-Turnhalle beging der Obst- und Gartenbauverein Wixhausen sein 100-jähriges Bestehen. Er gründete sich 1901 aus interessierten Gartenbauern, die wie die Arheilger Kollegen durch Vorträge über Baumschnitt und Baumspritzungen zur Vereinsgründung angeregt wurden. Auch der Eberstädter Gartenbauverein konnte im September 2002 sein 100-jähriges Bestehen mit einer Obst- und Gemüseausstellung in der Geibelschen Schmiede begehen. Hier lag das Interesse ursprünglich an der Pflege und Förderung der Obstbaumkulturen in den Eberstädter Streuobstwiesen. Die Tätigkeit der drei Vereine bewegte sich in ähnlichem Rahmen: Veranstaltung und Beschickung von Obst- und Gartenbauausstellungen, Veranstaltung von Vorträgen und Durchführung von Lehrgängen zum Baumschnitt, zur Obstverwertung und Veredlung, Verleih von Gartengeräten. In Arheilgen und Wixhausen wurde jahrzehntelang Most und Apfelwein gekeltert, während der Wixhäuser Verein auch auf dem Gebiet des Feldschutzes und des Vogelschutzes tätig war. Während früher in den Gartenbauvereinen die Unterhaltung von Nutzgärten im Vordergrund stand, die in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Versorgung sicherten, steht heute mehr der Ziergarten und seine Pflege im Vordergrund. Auch Bemühungen um Umwelt-, Natur- und Landschaftsschutz, Herstellung von schadstofffreiem Obst und Gemüse gehören heute zu den veränderten Aufgaben der Gartenbauvereine.

Viel älter als die genannten Gartenbauvereine ist der Darmstädter Gartenbauverein, der bereits im April 1835 gegründet wurde. Zweck des Vereins, dessen 51 Gründungsmitglieder sämtlich Darmstädter Honoratioren waren, war neben der Pflege des Gartenbaus und der Beratung der Mitglieder die Förderung des Obst-, Gemüse- und Weinbaus und die Verschönerung der Umgebung von DA. Damit profilierte sich der Gartenbauverein auch als Vorläufer des erst 1863 gegründeten Darmstädter Verschönerungsvereins (Stadtwerbung). Von Anfang an standen die fachliche Bildung und die Fortbildung der Mitglieder im Vordergrund, auf Monatsversammlungen wurde über Neuigkeiten auf dem Gebiet der Blumenpflege, des Obst- und Gemüsebaus berichtet. Bald nach der Gründung wurde eine Vereinsbibliothek eingerichtet, welche die neueste Literatur zum Thema bereithielt. 1899 überwies der Verein die Bibliothek der städtischen Lese- und Bücherhalle (Stadtbibliothek). Mehrere Hofgärtner, später auch Handelsgärtner, die Mitglied waren, vermittelten den anderen Vereinsmitgliedern ihre speziellen Kenntnisse im Obst- und Gartenbau. Auf einem gepachteten Stück Land, später auf dem Gelände des Botanischen Gartens, wurden Versuche mit verschiedenen Gemüsepflanzen angestellt, deren Ergebnisse in der Vereinszeitschrift oder separat veröffentlicht wurden. Ähnliche Versuche gab es auch im Obstbau. Mit etwa 50 inländischen und etwa 20 ausländischen Vereinen und Instituten stand der Darmstädter Gartenbauverein durch Korrespondenz oder durch Schriftentausch in Verbindung. Die Außenwirkung des Vereins zeigte sich neben einigen Projekten der Stadtverschönerung vor allem in der Veranstaltung regelmäßiger und bedeutender Ausstellungen (die erste bereits 1836). So veranstaltete er 1870 und 1873 unter internationaler Beteiligung in den Gewächshäusern der Orangerie die beiden ersten deutschen Rosenausstellungen überhaupt. Bei der Gartenbauausstellung in der Orangerie anlässlich des 50-jährigen Vereinsjubiläums 1885 hielt der Verein deutscher Rosenzüchter seinen ersten Kongress ab. Besonderes Aufsehen erregte die ebenfalls in der Orangerie veranstaltete „Allgemeine Gartenbauausstellung“ vom 19.08.-17.09.1905, die neue Maßstäbe in der Gartenbaukunst setzte. Weniger einzelne Pflanzensorten standen im Vordergrund, vielmehr neue Konzepte für architektonische Sondergärten wie Farbgärten oder Musterhausgärten, Wintergärten u. a. Joseph Maria Olbrich gestaltete einen roten, einen blauen und einen gelben Garten. Ein Teil des Überschusses der Ausstellung wurde für die gartenkünstlerische Ausstattung des Luisenplatzes verwendet, insbesondere für die beiden Olbrich-Brunnen.

Bereits vor dem Ersten Weltkrieg setzte ein Wandel der Vereinstätigkeit des Darmstädter Gartenbauvereins ein. 1906 wurde auf einem 6.000 qm großen Grundstück am Böllenfalltor die erste Kleingartenanlage mit 25 Gärten angelegt. Später kamen Anlagen an der Pallaswiesenstraße und am Darmbach in der Nähe der Roßdörfer Straße hinzu. Die bisherigen Tätigkeiten des Vereins gerieten immer mehr in den Hintergrund. Der Verein wandelte sich zu einem Kleingartenverein. 1935, als der Gartenbauverein sein 100-jähriges Bestehen mit einer Gartenbauausstellung in der Orangerie und der deutschen Dahlienschau im Prinz-Emil-Garten feierte, besaß er bereits 7 Anlagen mit ca. 150 Kleingärten. An dieser Ausrichtung hat sich bis heute nichts geändert. Im Januar 1970 verlieh die Stadt DA dem Gartenbauverein die Silberne Verdienstplakette. 2010 verfügte der Verein über folgende Gartenanlagen mit 191 Gärten: Kraftsruhe, Auf der Hardt, Wingertsgärten, Hospitalgärten und Hinter der Klappach. Ein Teil der Hospitalgärten fiel 2012 dem Parkplatzneubau des Marienhospitals zum Opfer.

Lit.: 175 Jahre Gartenbauverein Darmstadt e.V., Festschrift Darmstadt 2010.