Stadtlexikon Darmstadt

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Großer Woog

Die Anlage des Großen Woogs (Woog bedeutet „Wasser, Teich“) wird mit Landgraf Georg I. (1567-1596) in Verbindung gebracht, geht aber auf seinen älteren Bruder Ludwig IV. zurück, der seit 1565 ein umfangreiches Programm zur Verbesserung der städtischen Wirtschaft eingeleitet hatte. 1568 wird erstmals der Woogsdamm erwähnt. Der Große Woog diente als Fischteich, aber auch, um den gleichmäßigen Zufluss für die unterhalb stehenden Mühlen zu gewährleisten (Mühlbach). Zur Speisung des Großen Woogs wurde vom Stadtbach (später Darmbach), der eigentlich als „Soderbach“ durch die Flur „Im Soder“ floss, ein Abstich vorgenommen. Beide Arme vereinigten sich unterhalb des Woogs wieder und flossen durch den Kleinen Woog in die Stadt. Am Ufer des Großen Woogs lagen Bleichplätze zum Bleichen von Tuch. Im 17. Jahrhundert war der Teich Rahmen prunkvoller Hoffestlichkeiten. 1654 wurde dort ein Feuerwerk abgebrannt, und 1660 stellte man eine Seeschlacht nach. Das Baden blieb jedoch bis ins 18. Jahrhundert verpönt.

1828 richtete die Stadtverwaltung das erste öffentliche Bad im Großen Woog ein, eine Pfahlbauinsel in der Mitte des Teiches. Drei Jahre später ließ das Kriegsministerium in der Nordwestecke eine Militärschwimmschule anlegen. Weitere Badeplätze kamen Mitte des 19. Jahrhunderts hinzu. 1846 ließ die Stadt am Ufer Bänke und Kleiderbänke aufstellen und den Badeplatz für die Jugend, das so genannte „Flöhbad“, am Südufer einzäunen. In den Folgejahren wurden durch den Woogsaufseher Arnold außerdem zwei weitere hölzerne Badehäuser auf der Nord- und Südseite und ein Badehaus auf der Pfahlinsel aufgestellt. Hier wurde nach Geschlechtern getrennt und geschützt vor Blicken von außen gebadet. Das Bad auf der Nordseite war den Frauen vorbehalten, während sich das Männerbad im Südwesten befand. Die Stadt, die sich schon länger darum bemühte, den Großen Woog von der Großherzoglichen Verwaltung zu kaufen, handelte 1884 einen Pachtvertrag für die Dauer von 50 Jahren aus und ließ in den folgenden Jahren alle Badeanlagen in Ordnung bringen. Als nach einigen Jahren die Zahl der Badegäste anstieg, wurden 1903/04 die „Weißen Häuser“ (so genannt wegen der einzelnen weiß gestrichenen Pavillons) als Ergänzung des Männerbads von Stadtbaumeister Franz Frenay und Johann Kling gebaut, 1906/07 erneuerte die Stadt ebenfalls das Frauenbad am Nordufer und glich es dem Stil der „Weißen“ an. Im gleichen Jahr wurde die Pfahlbauinsel erneuert und den männlichen Nichtschwimmern reserviert. 1919 erfolgte der Bau der ersten 100-Meter Bahn mit Holzstegen und Sprungturm. 1923 bis 1925 gestaltete die Stadt die „grüne Insel“, die auch „Liebesinsel“ genannt wurde, zu einem zeitgemäßen Licht-Luft-Bad um und riss dafür die Pfahlinsel ab. Schon ein Jahr später musste die Anlage erweitert werden, da sich der Hauptbadebetrieb auf die Sandinsel verlagert hatte. 1927 wurde das Damenbad abgerissen und im Mai des folgenden Jahres ein expressionistischer Neubau von August Buxbaum eingeweiht. Im gleichen Jahr wurde die alte Wettkampfbahn durch eine moderne Anlage mit Sprungturm und Betonbrücke mit Start- und Zielsteg ersetzt.

 

1935 ging der Woog in das Eigentum der Stadt über, die daraufhin eine moderne Wettkampfanlage für den im Juli 1937 durchgeführten Länderkampf zwischen Deutschland und Frankreich baute. Der Große Woog wurde abgelassen und vollständig entschlammt. 1938 fanden die deutschen Schwimmmeisterschaften auf dem Großen Woog statt (Sport in DA). Daneben wurde das gesamte Gelände in die nationalsozialistischen Planungen für ein gigantisches Darmstädter Sportfeld einbezogen, das sich vom Mercksplatz bis zum Botanischen Garten hinziehen sollte. Erhalten sind bis heute Buxbaums Damenbad, das 1992 nach Originalplänen rekonstruiert wurde, die 1937 gebauten Wettkampfanlagen mit Zehnmeter-Sprungturm, Sitztribüne und Turm sowie die Insel mit Betonrutsche aus dem Jahr 1937. 1955 konnte der DSW 1912 mit einem Schwimmländerkampf Deutschland – Schweden sein neues Vereinsheim auf dem Woogsdamm einweihen. Wie früher dient auch heute der Große Woog im Winter als Eislauffläche. Bis in die 1930er Jahre wurde dort im Winter außerdem Eis für die Darmstädter Brauereien gewonnen.

Lit.: Kumpf, Werner / Lautenschläger, Heiner/ Wittwer, Gerhard: Lieber, alter Großer Woog, Darmstadt 1989; Darmstadt en Woog, 444 Jahre Woog - Eine Hommage an Darmstadts grüne Mitte, Edition Darmstadt 105, Hrsg. Woogsfreunde – Bürgeraktion zum Schutz des Naturbadesees, Darmstadt 2012.