Stadtlexikon Darmstadt

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Sonnenuhren

Von diesen Zeitmessern gibt es in DA über 20 zum Teil recht interessante Exemplare. Man findet sie auf das gesamte Stadtgebiet verteilt in öffentlichen Anlagen, in Gärten und an Gebäuden. Fast alle zeigen die wahre Ortszeit (WOZ) an, den geografischen Daten von DA entsprechend: 49°40‘ nördliche Breite und 8°40‘ östliche Länge. In der Gestaltung wie in der Art der verwendeten Werkstoffe sind sie recht unterschiedlich: Steinmetzarbeiten, Mosaiken, Sgraffitis, Schlosserarbeiten oder direkt auf die Wand gemalt. Entstanden sind wohl alle Sonnenuhren in der Zeitspanne vom 18. bis zum 20. Jahrhundert.

Eine große Sonnenuhr ziert die Südwand des Hochzeitsturms auf der Mathildenhöhe. Ausgeführt ist sie nach einem Entwurf von Friedrich Wilhelm Kleukens mit einem farbigen Mosaikzifferblatt, das eine leuchtende Sonne und Tierkreissymbole trägt. Es wird nicht die WOZ angezeigt, sondern die mitteleuropäische Zeit (MEZ). Darunter befinden sich zwei Strophen eines Sinngedichts von Rudolf Georg Binding: „Der Tag geht über mein Gesicht / Die Nacht sie tastet leis vorbei / und Tag und Nacht ein Gleichgewicht / und Nacht und Tag ein Einerlei / und ewig kreist der Schattenschrift / leb lang stehst Du im dunkeln Spiel / bis Dich des Spieles Deutung trifft / die Zeit ist um Du bist am Ziel“.

Am Stadthaus in der Grafenstraße tragen zwei rechtwinklig zueinander stehende Hauswände zwei Sonnenuhren, eine Süduhr (Mittagsuhr) und eine Westuhr (Nachmittagsuhr). Zusätzlich zu den Stundenlinien sieht man auf beiden Zifferblättern so genannte Datumslinien, die durch den Punktschatten einer Kugel das Ablesen von Tag- und Nachtgleiche und der Sonnenwenden ermöglichen. In gleicher Funktion mit einer zusätzlichen Graphik zur Zeitgleichung an einem Wohnhaus in der Stauffenbergstraße. Am Jagdschloss Kranichstein befindet sich im Mittelfeld der Schlossfassade unterhalb einer Räderuhr und dem hessischen Wappen eine kreisbogenförmige Sonnenuhr mit Einteilung nach der MEZ. Das Zifferblatt wurde mehrfach restauriert und umgestaltet (1874, 1953).

Im Prinz-Georg-Garten sind von ursprünglich vier Sandsteinsäulen noch zwei erhalten. Jede trägt eine vierflächige Kubus-Sonnenuhr. Darauf aufgesetzt ist jeweils eine Kugel mit Äquatorband und geografischen Daten. Im Orangerie-Garten in Bessungen ist auf der südlichen Terrasse im Jahr 2003 eine vielflächige Sandstein-Sonnenuhr aufgestellt worden, die nach Kriegsende in DA aus Trümmerschutt geborgen worden war. Mit Sponsorengeldern ist sie nach ihrer Rückkehr aus Nordhessen restauriert worden. Sie trägt 22 ebene Zifferblätter und zwei halbkugelförmige Konkaven. Die Zifferblätter sind für eine geografische Breite von 55° berechnet. Es ist nicht bekannt, für welchen Aufstellungsort sie bestimmt war. In Bessungen sind weitere Wand-Sonnenuhren zu entdecken: eine Sonnenuhr in Sgraffito-Technik am Haus Haardteck am Herdweg, eine in Stuckausführung etwas versteckt am Gebäude des Marienhospitals, Metallkonstruktionen an einem Wohnhaus am Erlenberg, eine streng-moderne Form in der Moosbergstraße, in der Bessunger Straße im Hof einer Weinhandlung und eine farbig gestaltete Platte mit der Inschrift SOLE ORIENTE FUGIUNT TENEBRE in der Klappacher Straße. Im Vorgarten der Georg-Büchner-Schule ist in den Boden ein runder Kunststein-Zylinder eingelassen, dessen Innenseite mit einer Hohlkugel und einem erdachs-parallelen Linienzifferblatt versehen ist. Angezeigt werden die Stunden vom kugelförmigen Kopf des Schattenstabs.

An exponierter Stelle, Ecke Kasino- und Rheinstraße, schmückt ein Metallring mit vergoldeten Zahlen die Werksteinwand des dortigen Bürohauses. Eine weitere Metall-Sonnenuhr entdeckt man auf einem Wohnbalkon in der Hindenburgstraße, eine weitere in einem Innenhof in Eberstadt. Äquator-Sonnenuhren stehen an der Frankfurter Landstraße nach Arheilgen, eine im Masurenweg und eine im Garten des Schulzentrums Marienhöhe. Letztere ist das Geschenk eines Abiturientenjahrgangs. Folgende Wand-Sonnenuhren befinden sich an Wohnhäusern in Eberstadt: eine Sandsteinplatte in der Damaschkestraße, eine große Tafel, farbig gestaltet mit Sonne als Schmuckelement und Datumslinien in der Alkmaarstraße, eine mit stilisiertem Panorama in der Schloßstraße und eine in Schwimmbadnähe am Gersprenzweg; weitere in Arheilgen an der Kettenwiesenstraße und am Briegelweg, diese mit dem Wahlspruch MORS CERTA SED HORA INCERTA. Zwei Boden-Sonnenuhren finden sich in Hausgärten am Weberweg und am Voglerweg.

Seit 2009 trägt die Fassade der Edith-Stein-Schule an der Ecke Seekatz- / Clemensstraße eine Sonnenuhr auf einer fast 3 x 3-Meter großen Glasfläche. Sie wurde von dem Sonnenuhrkonstrukteur Carlo Heller aus Wiesbaden entwickelt und zeigt auch die Zeitgleichung als Diagramm, so dass neben der WOZ auch die aktuelle MEZ bestimmt werden kann. Bei der Fassadenerneuerung als Objekt der „Natur am Bau“ geplant, wurde sie von der HEAG-Stiftung gefördert und wird im naturwissenschaftlichen Unterricht genutzt. Da die Glasplatte neben dem Schattenbild auch das Spiegelbild des Stabes zeigt, lassen sich interessante Fragen zum Verhalten der beiden Bilder untersuchen.

 

Lit.: Schumacher, Heinz: Sonnenuhren, München 1973; Zenkert, Arnold: Faszination Sonnenuhren, Frankfurt/Main 1995; Denkmäler in Darmstadt. Sonnenuhren, 2001.