Schauspieler, Regisseur, Theaterleiter
* 25.05.1905 Traunstein
† 08.05.1990 Burgberg bei Königsfeld/Schwarzwald
Gustav Rudolf Sellner besuchte ein Gymnasium in München, an dem er seine erste Aufführung inszenierte: „Was ihr wollt“ von William Shakespeare. Daneben sammelte er erste Theatererfahrungen bei den Münchener Kammerspielen. Von 1924 bis 1937 war Sellner als Schauspieler, später auch als Dramaturg und Spielleiter an Bühnen in München, Mannheim, Gotha und Coburg tätig. Seit Mai 1933 Mitglied der NSDAP, übernahm er in Oldenburg das Amt des Gaustellenleiters, war zeitweise SA-Anwärter und Leiter der Thingspielstätte „Kultstätte Stedingsehre“. Nach mehreren Inszenierungen im Sinne der nationalsozialistischen Kulturpolitik ernannte man Sellner 1937 zum Schauspieldirektor am Landestheater Oldenburg. Von 1940 bis 1943 war er als Intendant des Stadttheaters Göttingen und von 1943 bis 1945 als Generalintendant der Städtischen Bühnen Hannover tätig. In diesem Zeitraum war er auch Gaukulturrat. Am Ende des Zweiten Weltkriegs geriet er bis 1947 in amerikanische Gefangenschaft. In seinem Entnazifizierungsverfahren wurde er 1949 als „Mitläufer“ eingestuft und bei der Revision 1950 „entlastet“. Von 1948 bis 1951 arbeitete er als Regisseur in Kiel, Essen und Hamburg. Von 1951 bis 1961 war Gustav Rudolf Sellner dann als Intendant des Landestheaters DA und von 1961 bis 1972 als Generalintendant der Deutschen Oper Berlin tätig. Ab 1951 in Darmstadt gemeldet, wohnte er dann von 1956 bis 1961 in einem der Häuser der Neuen Künstlerkolonie auf der Rosenhöhe.
In DA setzte Sellner auf der Behelfsbühne (Landestheater in der Orangerie) mit den Dramaturgen Egon Vietta und Claus Bremer (1924-1996) und mit den Bühnenbildnern Franz Mertz (1897-1966) und Michel Raffaelli (geb. 1929) seinen in den späten 1930er Jahren entwickelten und auf Vereinfachung und choreografische Strenge abzielenden Regiestil fort, den man bald „Darmstädter Stil“ nannte und der richtungweisend wurde für das „moderne“ Theater der 1950er Jahre. Auf seinem Spielplan standen vorzugsweise William Shakespeare, Sophokles und die Dramatiker des Absurden Theaters, allen voran Ionesco. In seinem von ihm so bezeichneten „Instrumentalen Theater“ – Theater als Instrument der Dichtung – stellte Sellner die Leistung des Ensembles in den Vordergrund. Unter seiner Leitung stand das Landestheater DA im Zentrum des deutschen, wenn nicht gar internationalen Theaterlebens.
Lit.: Hensel, Georg: Kritiken. Ein Jahrzehnt Sellner-Theater in Darmstadt, Darmstadt 1962; Gustav Rudolf Sellner, Regisseur und Intendant, 1905-1990. Eine Ausstellung der Theaterwissenschaftlichen Sammlung der Universität Köln, Köln 1996; Neue Deutsche Biographie. Hrsg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 24, S. 224f; Christian Wolf: Gustav Rudolf Sellners Theaterarbeit vor 1948, Diss. FU Berlin 2011.