Obwohl ansteckende Krankheiten bereits im Mittelalter bekannt waren und in DA mehrfach die Pest wütete, bestand der Schutz vor diesen Epidemien weniger in der Heilung als im Ausschluss der Erkrankten. 1575 wurden hilfsbedürftige Kranke noch in einem Holzhaus untergebracht. 1611 bis 1613 errichtete man aus Mitteln, die der Darmstädter Oberamtmann Hans Philipp von Buseck der Stadt testamentarisch vermacht hatte, das erste Hospital. Es befand sich in einem Gebäude, das außerhalb der Stadtmauer vor dem Bessunger Tor lag (etwa Ecke Schul- und Karlsstraße). Das Hospital diente weniger der Krankenpflege, sondern als Pfründner- und Armenhaus (Wohlfahrtspflege). Aufgenommen wurden arme gebrechliche Bürger und hilflose kranke Dienstboten. Eigentliche Krankenbehandlung fand nur im Ausnahmefall statt. 1748 wurde erstmals ein Arzt fest angestellt, 1757 ein Chirurg. Außerdem war dem Hospital seit 1685 eine Armenschule angeschlossen (Schulwesen). 1764 wurde die Hospitalschule aufgelöst und in die von der Stadt eingerichteten Freischulen überführt. 1712 konnte ein hinter dem Gebäude liegender Garten hinzuerworben werden, wo man Obst, Gemüse und Wein zog und mit dem Verkauf der Früchte die Einnahmen verbesserte. 1808 wurde das Hospital, dessen Räumlichkeiten trotz eines 1750 errichteten Anbaus längst nicht mehr ausreichten, in das neu erbaute Armenhaus in der Grafenstraße verlegt, sodass Hospital, Armen- und Pfründnerhaus (Altersheim) nach wie vor verbunden waren.
Seit 1823 stand das Hospital, in dem trotz der Verlegung weiter drangvolle Enge und schlechte hygienische Zustände herrschten, unter städtischer Verwaltung. Zwischen 1829 und 1875 wurde das Haus mehrfach erweitert und reichte wegen der rasant wachsenden Bevölkerung dennoch nie aus. Entlastung brachte neben der Verlegung von Pfründnerhaus (1889 in das Alten- u. Pflegeheim Emilstraße) und Pfandhaus erst die Gründung weiterer Krankenhäuser (Mathilden-Landkrankenhaus 1844, Elisabethenstift 1858, Alice-Hospital 1871/83). Seit dem Umbau 1891 verfügte das Klinikum über elektrisches Licht, einen Operationssaal und eine Zentralheizung. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde es erneut erheblich erweitert und bedeckte mit 13 Gebäuden fast das ganze Areal zwischen Grafen-, Bismarck-, Fuchs-, und Bleichstraße. 500 Kranke konnten jetzt aufgenommen werden.
1944 wurde der gesamte Komplex zerstört und die Kliniken an viele Orte verlagert. Not- und Ausweichkrankenhäuser bestanden im Georg-Christoph-Lichtenberghaus (Frauenklinik), auf dem Einsiedel (Infektionskranke), in Nieder-Ramstadt (Medizinische Klinik/Innere Abt. und TBC-Kranke), Seeheim (Rekonvaleszenten) und Goddelau (Chirurgie, später in die Heil- und Pflege-Anstalt Eberstadt verlegt). An der alten Stelle wurde in den folgenden Jahrzehnten ein vergrößerter neuer Krankenhauskomplex errichtet, zunächst die Medizinische Klinik mit Poliklinik und Pathologie, 1952 bis 1954 der Neubau der Frauenklinik (Meisterbauten), in deren Keller 1965 eine Isotopenabteilung zur Strahlenbehandlung eingebaut wurde. Im November 1961 folgte der Neubau der Chirurgischen Klinik. Hinzu kamen Wirtschaftsgebäude, zwei Schwesternwohnheime, weitere Kliniken und der Zentralbau an der Grafenstraße, der die Verwaltung, Café, Gemeinschaftsräume usw. aufnahm, folgten. Außerdem wurde auf dem vom Landeswohlfahrtsverband erworbenen Gelände der ehemaligen Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt in Eberstadt ein zweiter Krankenhauskomplex errichtet.
Heute ist das Klinikum ein modernes Krankenhaus der Maximalversorgung, in dem jährlich mehr als 150.000 Patientinnen und Patienten aus dem gesamten südhessischen Raum behandelt werden, davon mehr als 40.000 stationär. Es ist akademisches Lehrkrankenhaus der Universitäten Frankfurt/Main und Heidelberg-Mannheim und für Pflege in Kooperation mit der FOM Hochschule. 21 Fachkliniken und Institute, ein Medizinisches Versorgungszentrum sowie das Altenpflege- und Pflegeheim Emilstraße, der Pflege- und Wohnbereich Lilienpalais (beides Emilia Seniorenresidenz GmbH) und Servicegesellschaften gehören zum Gesundheitsdienstleister dazu. Rund 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bieten medizinische Versorgung aus einer Hand bei fast allen Krankheitsbildern in folgenden Kliniken: Augenklinik, Chirurgische Klinik I (Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie), Chirurgische Klinik II (Orthopädie, Unfall- und Handchirurgie), Frauenklinik, Hautklinik, Institut für Pathologie, Institut für Radiologie, Neuroradiologie und Nuklearmedizin, Institut für Radioonkologie und Strahlentherapie, Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Klinik für Gefäßmedizin (Angiologie und Gefäß- und Endovascularchirurgie), Klinik für HNO-Heilkunde, Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Klinik für Neonatologie, Klinik für Neurochirurgie, Klinik für Neurologie und Neurogeriatrie, Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Medizinische Klinik I (Kardiologie und internistische Intensivmedizin), Medizinische Klinik II (Gastroenterologie, Hepatopankreatologie, Endokrinologie und Pneumologie), Medizinische Klinik III (Nieren-, Hochdruck- und Rheumaerkrankungen), Medizinische Klinik V (Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin), Urologische Klinik sowie Zentrale Notaufnahme.
Seit April 2019 hat das Klinikum Darmstadt einen eigenen Hubschrauberlandeplatz, da es in Südhessen das einzige Krankenhaus der umfassenden Notfallversorgung (höchste Versorgungsstufe) ist. Ebenso ist es koordinierendes Haus des Onkologischen Zentrums (OZ) Südhessen und hat als Gesamthaus die Zertifizierung OnkoZert als Onkologisches Zentrum der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG), diese bescheinigt leitliniengerechte Behandlung und positive Synergien unter den einzelnen Organ-Versorgungsstrukturen. Diese Zertifizierung erweitert die Kompetenz der bisher schon zertifizierten Zentren Hauttumor, Gynäkologisches und Brustkrebs-Zentrum um weitere Organe. Weitere onkologische Schwerpunkte sind Urogenitaltumore, Speiseröhre und Lebertumore sowie neuroendokrine Tumore. Interdisziplinär besetzte Tumorboards besprechen alle Patienten und sorgen so für die jeweils individuell beste Behandlungsmöglichkeit. Dafür stehen moderne Chemotherapien, operative Eingriffe (auch minimalinvasiv) und deutschlandweit zwei der modernsten Linearbeschleuniger für Bestrahlungen bereit. Weitere zertifizierte Zentren sind: Brustschmerzeinheit (Chest Pain Unit), Nephrologische Schwerpunktklinik, Perinatalzentrum Südhessen Level 1, Überregionales Traumazentrum, Überregionale Stroke Unit und Zentrum für Hypertonie.
Die direkte Kommunikation der medizinischen Fachgebiete miteinander und das Hand-in-Hand-Arbeiten zwischen Diagnostik und Therapie gewährleisten eine zügige und kompetente Behandlung der Patienten nach den neuesten Leitlinien. Neuroradiologie und Neurochirurgie, Strahlentherapie, die Wiedereröffnung chronisch verschlossener Herzkranzgefäße und die Behandlung von Schlaganfallpatienten sind weitere Leuchttürme des Hauses. Mit der Errichtung des Gefäßzentrums schreibt das Klinikum seine lange Tradition in der Diagnostik und Behandlung von Gefäßkrankheiten fort: Die Klinik für Gefäßmedizin (Angiologie) ist die älteste angiologische Klinik in Deutschland. Auch in der Geburtshilfe verfügt das Klinikum über ein Alleinstellungsmerkmal in Südhessen: Durch die direkte räumliche Anbindung einer Früh- und Neugeborenenintensivstation arbeiten im Perinatalzentrum Südhessen Level 1 Kinderärzte, Geburtshelfer und Frauenärzte Hand in Hand, um Kinder sicher auf die Welt zu bringen. Mütter können auch interventionsarm im hebammengeleiteten Kreißsaal entbinden. Auch ist das Unternehmen an den Darmstädter Kinderkliniken Prinzessin Margaret und an der Krankenpflegeschule Bildungszentrum für Gesundheit beteiligt.
Das Klinikum Darmstadt ist in der Veränderung: Ende 2020 ziehen alle Kliniken von Eberstadt in den Zentralen Neubau an der Grafenstraße ein – mit Ausnahme der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, die an den Standort Marienhospital übersiedelt. Dann kann der Standort Eberstadt aufgegeben und einer geplanten Wohnbebauung übergeben werden
Lit.: Seffrin, Durchbruch zum sozialen Geist; Damedica. Medizin in Darmstadt, hrsg. von Bruno Struif, Darmstadt 1994; Reichhardt, Ruth / Grimm, Immo: Ins Licht gerückt… Von der Provinzial-Pflegeanstalt Eberstadt zum Teilklinikum der Stadt Darmstadt 1903-2013, Darmstadt 2013.