„Triumph des Lebenswillens und der Lebensfreude über die Tristesse der Nachkriegsjahre“, so lautete die Devise jener Bürger der Stadt, die im Winter 1949/50, sechs Jahre nach dem vernichtenden Bombenangriff auf DA, im Trümmerfeld inmitten der Stadt ein Heimatfest veranstalten wollten. Vertreter des Einzelhandels, des Verkehrs- und Verschönerungsvereins DA (Stadtwerbung), des Gastwirtverbands, der Industrie- und Handelskammer gründeten am 03.02.1950 einen Ausschuss zur Planung eines jährlich wiederkehrenden sommerlichen Volksfests. Damit war der Startschuss gegeben zu einem Fest, das mittlerweile zu den größten Innenstadtfesten Deutschlands gehört und immer am ersten Wochenende im Juli rund 700.000 Besucher nach DA lockt. Unter der Überschrift „Darmstadt rührt sich!“ erschien im Mai 1950 ein Aufruf, sich an den Vorbereitungen zu beteiligen und einen Namen für das neue Heimatfest zu finden. Viele Bürger entschieden sich für die Bezeichnung „Heinerfest“ nach dem Spitznamen „Heiner“ für die Darmstädter.
Das erste Heinerfest (29.06. bis 02.07.1951) wurde zu einem Fest der Erinnerung und der Trauer, aber auch der Freude darüber, nach jahrelanger Entbehrung endlich wieder einmal ausgelassen miteinander feiern zu können: Man hatte der Stadt ein Festgewand übergezogen, Trümmer waren beseitigt worden und inmitten der Ruinen standen bunte Karussells. Mit einer Schweigeminute zum Gedenken an die Toten des 11./12.09.1944 begann OB Ludwig Engel die feierliche Eröffnung des ersten Heinerfests, bei der auch der 100.000. Bewohner der Stadt – Heiner Wilfried Münster – begrüßt wurde. Er hatte drei Wochen zuvor durch seine Geburt DA wieder zur Großstadt gemacht. Im Anschluss an das von Wilhelm Etzold eigens komponierte Heinerlied mit dem Refrain „Darmstadt du sollst leben“ und dem Heinerfestmarsch von Christian Lorenz erklang – von einer Schallplatte – das von allen Darmstädtern geliebte Glockenspiel im Schloss. Da der Glockenturm fast gänzlich zerstört war, hatte man ein Modell aufgebaut. Fehlen durfte auch nicht die Darmstädter Lokalposse „Datterich“ von Ernst Elias Niebergall, aufgeführt von der Hessischen Spielgemeinschaft, die sich anlässlich des Heinerfests wieder zusammengefunden hatte. Einer der wichtigsten Programmpunkte war jedoch zweifellos das Eintreffen der vom Festausschuss eingeladenen 900 evakuierten Darmstädter, die erstmals wieder ihre Heimatstadt besuchten.
Auch heute noch wird das Heinerfest von einem kleinen Kreis engagierter, ehrenamtlich mitarbeitender Bürger, dem Heinerfestausschuss, veranstaltet. Dieser wurde 1958 umbenannt in „Heimatverein Darmstädter Heiner e. V.“ Die Gründungssatzung von einst hat bis heute Gültigkeit: „Pflege Darmstädter Tradition, Veranstaltungen im Bereich geselliger Kultur, Förderung internationaler Gesinnung, der Toleranz im Zusammenleben der Menschen und der Verständigung unter den Völkern unterschiedlicher Hautfarben und Religionen“.
Lit.: Heimatverein Darmstädter Heiner e. V.: Hinein ins Vergnügen! Geschichte und Geschichten zu 50 Jahren Darmstädter Heinerfest, Darmstadt 2000; 60 Jahre Heinerfest Darmstadt. Ein fotografischer Remix des Jubiläums, Edition Darmstadt 104, Hrsg. Heimatverein Darmstädter Heiner e. V., Darmstadt 2011.