Die Evangelische Woche, die vom 31.03.-04.04.1937 in der Darmstädter Pauluskirche stattfand, ist das bedeutendste Ereignis in der Geschichte des Kirchenkampfes der ev. Christen DAs. In der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft 1933 bis 1945 entbrannte der Kirchenkampf durch den Widerstand ev. Christen gegen den Versuch des NS-Regimes, die ev. Kirchen in ihrer Organisation wie in ihrer Lehre in den NS-Staat zu integrieren. Sie sollten so weit gleichgeschaltet werden, dass sie als verlängerter Arm der NS-Ideologie einen religiösen Beitrag zur Stabilisierung der Hitler-Diktatur leisten konnten. Dieser Aufgabe widmete sich die „Glaubensbewegung Deutscher Christen“, die versuchte, Christentum und Rasse-Ideologie mit staatlicher Unterstützung zu verbinden. Gegen diese Verfälschung des christlichen Glaubens organisierte sich der Widerstand vor allem in der „Bekennenden Kirche“ (BK), einer sehr flexibel organisierten Bewegung, der sich viele Gemeindeglieder und Pfarrer durch persönlichen Beitritt anschlossen.
Die Evangelischen Wochen waren 1935 aus der Akademikerarbeit der „Deutschen Christlichen Studentenvereinigung“ entstanden. Verantwortlich für die Veranstaltungen, die unter großer Beteiligung in allen größeren deutschen Städten stattfanden, war der „Reichsausschuß der Deutschen Evangelischen Wochen” in Berlin, der zwar eng mit der BK zusammenarbeitete, aber formell nicht zur BK gehörte. So war es möglich, dass in DA nicht nur die Mitglieder der BK, sondern fast die gesamte Pfarrerschaft sich für die Evangelische Woche engagierten. Von den 17 ev. Pfarrern haben nur drei, die den Deutschen Christen angehörten, die Evangelische Woche nicht unterstützt. Der Kirchenvorstand der Paulusgemeinde (Ev. Kirchengemeinden) hatte mehrfach Anträge der BK, ihr die Pauluskirche für Veranstaltungen zu Verfügung zu stellen, abgelehnt. Aber für die Evangelische Woche gab er seine Zustimmung.
Aus ganz Deutschland, aber auch aus der Schweiz kamen prominente Redner. Im Eröffnungsgottesdienst (31.03.) predigte Hanns Lilje, Berlin. Für die folgenden vier Tage waren nach einem biblischen Wort am Morgen jeweils drei Vorträge am Vormittag, Nachmittag und Abend vorgesehen. Doch 27 Stunden vor Beginn der Veranstaltung wurde dem Leitungskreis mitgeteilt, dass die gesamte Evangelische Woche verboten sei. Die Verantwortlichen ließen sich davon nicht beeindrucken und versuchten, trotz Verbot, alle Veranstaltungen durchzuführen. Sie hatten mit ihrem Widerstand insofern Erfolg, als es von der Polizei gestattet wurde, dass die ausländischen Gäste reden durften. So haben der Generalsekretär Visser’t Hooft aus Genf und der Missionsdirektor Hartenstein aus Basel ihre Vorträge halten können. Polizei und Gestapo versuchten, die Sache unter Kontrolle zu halten, indem sie alle Eingänge zur Pauluskirche sperrten, um die auswärtigen Gastreferenten fern zu halten. Das gelang aber nur zum Teil, weil sie von den Initiatoren unerkannt eingeschleust werden konnten. In das Geschehen innerhalb des Kirchenraums griff die Polizei nicht ein, sperrte dann aber den Zugang zur Kirche auch für Besucher. Die kamen aber zu Hunderten schon morgens um sieben Uhr bevor die Polizei da war. Daraus entstand eine Situation, bei der Veranstaltungen innerhalb der Pauluskirche liefen und auf der Straße vor der Kirche eine ebenfalls nach Hunderten zählende Menschenmenge von der Polizei abgedrängt wurde. Am dritten Tag der Evangelische Woche wurden die drei für die Leitung verantwortlichen Pfarrer verhaftet. Die Pauluskirche wurde völlig abgeriegelt und blieb auch am Sonntag polizeilich besetzt. Die Teilnehmer an der Evangelische Woche wichen in die Stiftskirche, die Schlosskirche und andere Kirchen aus. Auf diese Weise haben sich die geplanten Veranstaltungen vervielfacht, nachdem die Verbotsmaßnahmen in der Öffentlichkeit für das entsprechende Aufsehen gesorgt hatten. Der Abschlussgottesdienst fand in der Stadtmission statt, wo Landesbischof D. Wurm, Stuttgart, und Pfarrer Asmussen, Berlin, trotz des Redeverbots für auswärtige Gäste zu den Teilnehmern sprachen.
Die Evangelische Wochen wurden im Frühjahr 1938 in ganz Deutschland verboten. Ihre Tradition führten nach 1945 die Ev. Akademien und der Deutsche Ev. Kirchentag weiter.
Lit.: Dokumentation zum Kirchenkampf in Hessen und Nassau, 9 Bde., Darmstadt 1974-1996, Bd. 6, 1989, S. 245-258.