Stadtlexikon Darmstadt

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Walther, Philipp Alexander Ferdinand

Bibliothekar, Historiker
* 25.12.1812 Darmstadt
26.05.1887 Darmstadt
Der Sohn des Darmstädter Museumsdieners und -inspektors Wilhelm Walther (+ 1861) besuchte von 1822 bis 1830 das Gymnasium. Nach dem Studium der Theologie in Gießen (1830-33) arbeitete Philipp Alexander Ferdinand Walther einige Jahre als Privatlehrer, u. a. bei einer englischen Familie, die er als Hofmeister auf Reisen nach Belgien, in die Niederlande, nach Frankreich und England begleitete. Im Juni 1835 begann er seine Tätigkeit bei der Hofbibliothek in DA, der er 50 Jahre verbunden bleiben sollte, zunächst als Hilfskraft, ab 1836 als Sekretär, ab dem 04.03.1850 als Hofbibliothekar und seit 20.02.1873 als Direktor. Am 14.10.1885 trat Walther in den Ruhestand, nachdem er noch sein 50-jähriges Dienstjubiläum feiern konnte. Neben dem Direktorenamt der Hofbibliothek zeichnete Walther auch verantwortlich für die Gründung der Kabinettsbibliothek, d. h. die Ordnung und Katalogisierung der persönlichen Büchersammlung Großherzog Ludwigs III., die separat aufgestellt wurde. Dafür wurde Walther am 09.07.1848 zum Kabinettsbibliothekar und am 28.02.1853 zum Direktor der Kabinettsbibliothek ernannt. Ebenfalls auf Walther geht die Gründung des Kabinettsmuseums, der privaten musealen Sammlung des Großherzogs zurück. Walther stand in sehr vertrautem Verhältnis zu Ludwig III., den er auf mehreren Reisen begleitete.

Seit 1841 entfaltete Walther eine reiche historische und literarhistorische Tätigkeit, beginnend mit dem „Literärischen Handbuch für Geschichte und Landeskunde von Hessen im allgemeinen und dem Großherzogtum insbesondere“, das 1841 bei Gustav Jonghaus (Buchhandlungen) erschien und später mehrere Nachtragsbände erhielt. Für dieses umfangreiche Werk wurde ihm 1841 die Ehrendoktorwürde der Universität Gießen verliehen. Aus Katalogisierungsarbeiten am Großherzoglichen Museum (Hessisches Landesmuseum) gingen die beiden Bände „Das Großherzogliche Museum zu Darmstadt. Der Antikensaal“ und „Das Alte Museum“ (1841-42, jeweils mehrere Neuauflagen) hervor. Eines der heute noch bedeutendsten Werke aus Walthers Feder ist das 1854 erschienene topografisch-historische Werk „Das Großherzogthum Hessen, nach Geschichte, Land, Volk, Staat und Örtlichkeit beschrieben“, das Georg Wilhelm Justin Wagners Werke fortschrieb und heute noch hohen Quellenwert besitzt. Zum 50-jährigen Bestehen der Hofbibliothek als öffentlich zugänglicher Bibliothek veröffentlichte Walther 1867 „Beiträge zur näheren Kenntnis der Großherzoglichen Hofbibliothek zu Darmstadt“.

Als aktives Mitglied des Historischen Vereins für Hessen baute Walther nicht nur dessen Bibliothek auf und betreute sie viele Jahre lang, sondern gab im Auftrag des Vereins 1845 das etwa 6000 Einträge umfassende „Systematische Repertorium über die Schriften sämtlicher historischer Gesellschaften Deutschlands“ heraus. 1857 veröffentlichte er den „Darmstädter Antiquarius. Geschichts- und Sitten-Bilder aus Darmstadts vergangenen Zeiten“, eine Abhandlung über die Stadtgeschichte, aus Vorträgen entstanden, die er im Winter 1855/56 im Verein für Erdkunde gehalten hatte. Walther wertete hier erstmals systematisch Akten des Hessischen Staatsarchivs und der Stadtverwaltung aus und schuf auf diese Weise eine fundierte, wenn auch mit Anekdoten garnierte Darstellung der Geschichte DAs, die bereits 1865 eine erweiterte Neuauflage erlebte. Der „Antiquarius“ blieb bis zum Erscheinen der Stadtgeschichte Adolf Müllers 1930 für gut 70 Jahre die einzige Gesamtdarstellung der Darmstädter Geschichte. Als Nachtragsband veröffentlichte Walther 1879 „Darmstädter Historische Kleinigkeiten“, eine Sammlung meist kurzer Aufsätze, die im Laufe der Jahre im Darmstädter Tagblatt erschienen waren. Seit 1981 ist die Waltherstraße in Kranichstein nach ihm benannt.

Lit.: Hessische Biographien. In Verbindung mit Karl Esselborn und Georg Lehnert hrsg. von Hermann Haupt, Bd. 1, S. 271-278.