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Martin-Luther-Gemeinde, ev.

(Heinheimer Straße 41) Die Martin-Luther-Gemeinde entstand 2008 aus der Fusion der Martinsgemeinde und der Stiftskirchengemeinde. Die Martinsgemeinde wurde 1885 mit der Einweihung der Martinskirche als zweite ev. Kirchengemeinde in DA gegründet. Sie stellte die kirchliche Versorgung des seit den 1870er Jahren rasch wachsenden Martinsviertels sicher. Der Privatgelehrte Max Rieger hatte die Mittel sowohl für den Bau von Kirche und Gemeindehaus als auch für die Errichtung einer Pfarrstelle (inklusive Pfarrhaus) zur Verfügung gestellt. 1891 war auch das benachbarte Gemeindehaus „Martinsstift“ vollendet, das erste Darmstädter Gemeindehaus überhaupt. Friedrich Flöring war der erste Pfarrer der Gemeinde. Von Anfang an wurde ein neues Konzept der Gemeindearbeit angewandt: „mitverantwortliche Gemeinde“ (Manfred Knodt). Die Martinsgemeinde wurde in Bezirke unterteilt, für die so genannte Helfer als Repräsentanten der Gemeinde verantwortlich waren. Es kam bald zur Gründung von kirchlichen Vereinen (1888: Kirchengesangverein; 1894: Jugendvereinigung; 1903/04: Verein für Männer bzw. Frauen). 1907 erfolgte die Einrichtung eines gemeindeeigenen Kindergartens, 1920 die Gründung eines Posaunenchors, der Wurzel des heutigen Dekanatsposaunenchors. Die Gemeindepflege, die mit einer Gemeindeschwester begann, wurde 1935 bereits von acht Gemeindeschwestern versehen. Da die Martinsgemeinde stetig wuchs, wurde 1902 eine zweite Pfarrstelle für den Westbezirk eingerichtet, die 1905 ein eigenes Pfarrhaus in der Mollerstraße und 1909 ein Gemeindehaus in der Liebfrauenstraße erhielt. 1927 bekam jeder Bezirk eine weitere Pfarrstelle. Bereits 1935 wurde die Martinsgemeinde West zur Michaelsgemeinde (Ev. Kirchengemeinden), die aber erst 1960 mit der Einweihung ihrer Kirche gänzlich selbstständig wurde. 1961 wurde der fünfte Pfarrbezirk als Thomasgemeinde (Ev. Kirchengemeinden) ausgegliedert.

In der NS-Zeit litt die Gemeindearbeit erheblich unter den Auseinandersetzungen zwischen Bekennender Kirche und Deutschen Christen. Außerdem wirkten die NS-Organisationen auf Kinder und Jugendliche ein, indem sie sie durch sonntägliche Übungen der Hitlerjugend vom Besuch der Gottesdienste und Kindergottesdienste abhielten. Die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt (NSV) errichtete antikirchlich ausgerichtete Kindergärten, um die Kinder vom Besuch konfessioneller Kindergärten abzuhalten. 1941 wurden die beiden Kindergärten der Martinsgemeinde zwangsweise der NSV unterstellt. Nach der Kriegszerstörung von Martinskirche und Pfarrhaus sowie vieler weiterer Gemeindegebäude kam das Gemeindeleben nach 1945 erst allmählich wieder in Gang. Am 5. September 1950 konnte im Rahmen eines Gemeindefestes erstmals wieder ein Gottesdienst in der erst zum Teil wieder hergestellten Martinskirche gehalten werden. Wichtigstes Standbein der Gemeindearbeit in der Nachkriegszeit war die Kinder- und Jugendarbeit im Viertel, sowohl die gemeindliche, als auch die öffentliche. Der Kindergarten in der Mauerstraße wurde 1974 durch einen Neubau mit Hort in der Lichtenbergstraße ersetzt. Der Jugendarbeit dienen das 1965 errichtete Max-Rieger-Heim sowie seit 1981 die Baas-Halle. Es bildeten sich mehrere Jugendgruppen, auch eine Theatergruppe existierte zeitweise. Der Kindergottesdienst ist nach wie vor aktiv, während andere kirchliche Vereine unter Mitgliederschwund leiden.

Die Stiftskirchengemeinde (Ev. Kirchengemeinden) entstand zum 1. April 1967 durch Ausgliederung aus der Stadtkirchengemeinde, zusammen mit Teilen der Südostgemeinde (Ev. Kirchengemeinden). Dieser Schritt war notwendig geworden durch die sich ausdehnende Bebauung im Darmstädter Osten rund um Woog, Mathildenhöhe und Rosenhöhe. Die Gemeinde hatte ihren Mittelpunkt in der zum Elisabethenstift gehörenden Stiftskirche, die 1892/93 von Reinhard Klingelhöfer bei der Erweiterung des Elisabethenstifts errichtet wurde. Die Pfarrstelle übernahm Pfarrer Fritz Bönsel. Neben der Kirche gehörte zur Gemeinde auch das Pfarrhaus im Prinz-Christians-Weg 11. Der Saal unter der Kirche diente der Stiftskirchengemeinde als neuer Gemeindesaal. Für die Jugendarbeit der Gemeinde wurde im Garten des Pfarrhauses 1975 ein Jugendhaus errichtet, das seitdem vielfältigen Jugendaktivitäten diente. Auch das Stadtjugendpfarramt hat die Einrichtung mehrere Jahre zur Ausrichtung seines „Kindersommers“ genutzt. Die Arbeit der Stiftskirchengemeinde war gekennzeichnet durch die enge Zusammenarbeit mit dem Mutterhaus Elisabethenstift. Deshalb genoss die diakonische Arbeit, die im Elisabethenstift geübt wurde, auch in der Gemeinde einen hohen Stellenwert. In diesen Rahmen gehörten die Partnerschaften mit Gemeinden in Südindien, Südafrika und in Brandenburg.

Nach längeren Verhandlungen schlossen sich Martins- und Stiftskirchengemeinde 2008 zur Martin-Luther-Gemeinde zusammen. Die neue Gemeinde ist ein bestimmender Faktor des Lebens im Martinsviertel und rund um den Woog und die Mathildenhöhe. Sie hat heute rund 3.700 Gemeindeglieder, zwei Pfarrer, vier Mitarbeiter für die beiden Jugendhäuser im Max-Rieger-Heim und in der Baas-Halle, eine Gemeindepädagogin, zwei Kindertagesstätten und einen Hort. Auf die Inklusion, also die Integration von Menschen mit Behinderung in das Leben der Gemeinde und des Martinsviertels, legt die Martin-Luther-Gemeinde in den letzten Jahren ein besonderes Augenmerk. Die Gemeinde wird geleitet vom Kirchenvorstand, der aus 14 gewählten Mitgliedern und den Pfarrern besteht. Das Gemeindeleben wird durch das Engagement vieler ehrenamtlicher Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen getragen. Das Hauptanliegen der Gemeinde ist – in Anlehnung an den Namenspatron der Kirche, den Heiligen Martin von Tours – die spirituelle Tradition und das soziale Engagement gleichermaßen zu leben.