Stadtlexikon Darmstadt

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Kleingartenanlagen

Schon seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist DA reich an gärtnerischer Tradition. 1835 wurde hier einer der ältesten Gartenbauvereine Deutschlands gegründet. In der Stadt gab es Hof- und Bürgergärten in großer Zahl ebenso wie Erwerbsgartenbaubetriebe. Eine erste Kleingartenanlage legte die Stadt DA um 1895 in der Nähe des Schlachthofes an. 1906 folgte eine Anlage des Gartenbauvereins einschließlich Versuchsgarten am Seibertsberg (Steinbergviertel) vor dem Böllenfalltor, 1912 legte der Verein eine zweite Anlage, den "Ahlefeldgarten" an. In größerer Zahl wurden Kleingärten in DA jedoch erst in den Notzeiten nach dem Ende des Ersten Weltkriegs angelegt, die von eigens dafür gegründeten Vereinen an ihre Mitglieder verpachtet wurden. 1919 wurde der Kleingärtnerverein Karlshof, ursprünglich auf dem Gelände der heutigen Bernhard-Adelung-Schule, gegründet. 1921 konnte die Gartenbaugenossenschaft DA 69.000 m2 hinter der Rosenhöhe pachten. Ein Jahr später gründete sich der Kleingartenverein DA Nord mit seiner Gartenanlage am heutigen Sensfelder Weg. Seit 1923 bestellten die Mitglieder des Kleingartenvereins Maulbeerallee ihre Grundstücke zwischen Arheilgen und Kranichstein, nicht weit entfernt siedelte sich im gleichen Jahr der Kleingärtnerverein Kranichstein am Bahnhof an. „Nachzügler“ waren 1931 die Darmstädter Gartenfreunde und der 1933 gegründete Kleingärtnerverein DA Süd-West, der heute vier Anlagen an der Rüdesheimer Straße, an der Lincoln-Siedlung und in der Heimstättensiedlung mit zusammen etwa 330 Gärten betreut.

Ein eigener Kleingarten bot vielen Familien, die in Mietwohnungen wohnten, nicht nur die Möglichkeit, die Natur zu genießen, sondern auch Obst und Gemüse für den Eigenbedarf anzubauen. 1956 gab es etwa 8.000 Kleingärten auf über 60 Hektar Fläche rund um die Stadt. Bei Bauvorhaben, die diese Gelände betrafen, mussten die Gärten geräumt werden, was jedes Mal Anlass für heftige Auseinandersetzungen war. Auch wenn immer wieder neuer Platz für Kleingartenanlagen geschaffen wurde, konnte der Bedarf bei weitem nicht gedeckt werden. Die Kleingartenvereine meldeten immer wieder Wünsche nach neuem Dauergelände an. Die Bauleitpläne sahen 1960 vor allem im Norden der Stadt Gebiete für Kleingärten vor. 1963 gab es 65 Hektar Kleingärten. Da man rechnete, dass sich jede zehnte in einer Mietwohnung lebende Familie einen Kleingarten wünschte, wurde der Bedarf an weiterem Land auf 75 Hektar geschätzt. Als grüne Lungen, so das Argument der Kleingärtner, kämen die Gärten nicht nur dem einzelnen Pächter, sondern der ganzen Bürgerschaft zugute. Neue Gartenanlagen entstanden u. a. hinter der amerikanischen Wohnsiedlung an der Heidelberger Straße, am Nordbahnhof westlich der Frankfurter Straße, zwischen Lichtwiese und Schnampelweg, zwischen Eschollbrücker Straße und Heimstättenweg, an der Kranichsteiner und der Dieburger Straße, hinter der Odenwaldbrücke und hinter der Rosenhöhe.

1973 gab es erstmals einen Wettbewerb für die schönste Kleingartenanlage. Sieger wurde der Verein der Darmstädter Gartenfreunde 1931, der den 1965 gegründeten Kleingartenpark im Gleisdreieck „Auf der Hardt“ betreute. Insgesamt zählte man damals in DA 1.850 Hobby-Kleingärtner, die sich in elf Vereinen zusammengeschlossen hatten. Individueller ging es schon immer in den Bundesbahnkleingärten zu, die im Gleisdreieck zwischen Odenwaldbahn, Ludwigsbahn und Main-Neckar-Bahn liegen. Von den Vorschriften der Kleingartenvereine ließen sich die Gartenfreunde hier nicht stören, ebenso wenig wie durch den Lärm der vorbeifahrenden Züge. In den 1970er Jahren entstanden fast jährlich neue Kleingartenanlagen, so 1973 am Seitersweg, 1974/75 an der Kranichsteiner Straße in Höhe des Ziegelbuschs, 1977 an der Maulbeerallee und an der Fasaneriemauer, 1978 hinter der Lincoln-Siedlung und 1979 in Eberstadt südlich der Frankensteinschule. Bei dem Bundeswettbewerb „Gärten und Städtebau 1978“, in dem 38 deutsche Städte um die schönsten Kleingartenanlagen konkurrierten, erhielt DA die Bronze-Plakette. Im Jahr 2004 gab es in DA 15 Kleingartenvereine mit 38 Anlagen. Schlagzeilen machte zwischen 2009 und 2011 die Tatsache, das acht Kleingärten des Gartenbauvereins 1835 neuen Parkplätzen am Marienhospital weichen mussten. Die Kleingärtner konnten den Verkauf des Geländes durch das Land Hessen nicht verhindern. Das Durchschnittsalter der Kleingärtner lag 2013 nach Angabe des Landesverbandes Hessens bei 60 Jahren. Aber vor allem junge Familien entdecken wieder das Interesse und die Freude am Kleingarten und am eigenen Anbau von Obst und Gemüse. Dass Gärtnern aber nicht an einen Kleingartenverein gebunden sein muss, zeigt der neue Trend des urban gardening, zu dessen Konzept es gehört, auf ungenutzen Geländen oder Baulücken innerhalb von Städten Nutzpflanzen anzubauen. In DA gründete sich 2015 der Verein „Urban Garden Darmstadt“, der für seine Aktivitäten ein Brachgelände in der Pallswiesenstraße im Blick hat. In der Mitte zwischen urban gardening und Kleingartenverein liegt das Angebot des Hofguts Oberfeld. 250 Parzellen mit je etwa 70 Quadratmetern können hier für 100 bis 200 Euro pro Jahr zum Gemüseanbau gemietet werden. Der Anbau erfolgt nach ökologischen Richtlinien, Werkzeuge und Wasser werden gestellt, Gartenhütten gibt es aber keine.