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Griesheimer Haus

Der jagdbegeisterte Landgraf Ernst Ludwig ließ 1713 in der Griesheimer Tanne südwestlich von DA ein Jagdhaus als Zentrum eines wohl gleichzeitig entstandenen sternförmigen Schneisensystems errichten. Diese Schneisen durchschnitten die sonst rechtwinklig angelegten Forstschneisen und machten den Wald auf diese Weise gut einsehbar, was v. a. der von den damaligen Landgrafen favorisierten Parforcejagd zugute kam (Jagdgeschichte). Das quadratische Jagdlusthaus stand auf einer achteckigen Erderhebung. Ein hoher Steinsockel nahm Küche und Keller auf und bildete eine umlaufende Terrasse. Darüber erhob sich der zweigeschossige, dreiachsige Bau mit einer hohen Kuppel. Schon 1736 war das Gebäude so baufällig, dass es Landgraf Ludwig VIII. durch Baumeister Johann Helfrich von Müller erneuern ließ, jetzt mit Freitreppen auf allen Seiten und einem abgeflachten Mansarddach etwas aufwändiger gestaltet. Das Dach wie auch die Terrasse waren ideal, um das die Schneisen querende Wild zu beobachten. Doch schon Ludwig IX. ließ den Jagdpavillon 1770 abreißen. Unter Großherzog Ludwig III. entstand an seiner Stelle ein hölzerner Pavillon mit einer Ansicht des Griesheimer Hauses. Im 20. Jahrhundert ist das ganze Areal dem Autobahnbau (Autobahn) zum Opfer gefallen. Schon bald nach seiner Errichtung kamen Geschichten über merkwürdige Erscheinungen in dem und um das einsam im Tannenwald gelegene Haus in Umlauf, die auch literarischen Niederschlag fanden. Neben anderen haben Ernst Elias Niebergall und v. a. Ernst Pasqué dem „Griesheimer Haus“ literarische Denkmale gesetzt. Pasqués 1864 erschienene „Wald, Jagd- und Spukgeschichte des 18. Jahrhunderts“ spielt während der Regentschaft Ludwigs VIII. Sie vermittelt ein mit viel Lokalkolorit versehenes Sittenbild der gräflichen Jagdleidenschaft sowie des dörflichen Lebens im nahen Griesheim. Hauptperson ist der Griesheimer „Schwärzelhannes“, der als wildernder Geist sein Domizil im Griesheimer Haus aufgeschlagen hat und von dort aus den Landgrafen und sein gesamtes Gefolge zum Narren hält.

Lit.: Siebert, Gisela: Jagdhäuser der Landgrafen von Hessen-Darmstadt auf Bildern des 18. und 19. Jahrhunderts, Darmstadt 2000, S. 22-23.