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Deutscher Werkbund e. V.

Von Künstlern, Architekten und Fabrikanten 1907 in München gegründet, versteht sich der Deutsche Werkbund als Lobby für deutsche Qualitätsarbeit in Handwerk und Kunst. In den 1920er Jahren propagierte er, zusammen mit dem Bauhaus, das Neue Bauen und die rationalisierte Form in der Warenästhetik. Die Nationalsozialisten denunzierten dieses Form-Denken schon früh als Kulturbolschewismus und lösten den Deutschen Werkbund 1934 in der Reichskulturkammer auf. 1950 wurde er neu gegründet. Er gliedert sich in den Dachverband und seine Landesbünde. Die Geschäfte werden von einem hauptamtlichen Generalsekretär geführt. Bis 1964 befand sich das Generalsekretariat in Düsseldorf, danach bis 1971 in Berlin.

Bereits Mitte 1970 gab es zwischen dem damaligen Darmstädter Kulturdezernenten Heinz Winfried Sabais und dem Deutschen Werkbund Gespräche über einen Umzug nach DA. Dem Werkbund wurde das zuvor vom Bauhaus-Archiv genutzte Ernst-Ludwig-Haus auf der Mathildenhöhe (Alexandraweg 26) sowie eine jährliche Unterstützung von 30.000 DM in Aussicht gestellt. Der noch für das laufende Jahr geplante Umzug zögerte sich dann jedoch bis Anfang 1972 hinaus. In den folgenden Jahren befasste sich der Werkbund auch mit dem Darmstädter Wohnungsbau. 1977 fand das erste Internationale Werkbundgespräch in DA statt, dem jährlich zwei Gespräche folgten. 1982 kündigte der Werkbund an, im Stadtteil Kranichstein 50-60 Wohnungen als Selbsthilfe-Projekt für Familien mit geringem Einkommen zu errichten. Doch dieses als „Werkbundsiedlung“ geplante Vorhaben scheiterte kurz vor seiner Realisierung 1983 aufgrund von internen Richtungskämpfen. Das in DA entwickelte sozialkritische und ökologisch orientierte Programm stieß beim eher konservativ ausgerichteten Vorstand des Deutschen Werkbunds zunehmend auf Widerstand, weshalb sich die beiden Vorsitzenden und der Generalsekretär geschlossen von der Werkbundarbeit zurückzogen.

Die neue Führung wandte sich nun – nicht ohne Eigeninteresse – Bebauungsplänen für den Osthang der Mathildenhöhe zu. Seit Mitte 1985 war bekannt, dass im Ernst-Ludwig-Haus ein Jugendstilmuseum eingerichtet werden sollte (Museum Künstlerkolonie DA), was für den Deutschen Werkbund den Verlust seiner Räume bedeutete. Am Osthang der Mathildenhöhe wurde die Chance für ein neues Domizil gesehen. Doch auch diese Pläne scheiterten. 1987 wurde dem Werkbund das John-F.-Kennedy-Haus angeboten, was dieser ablehnte. Noch im gleichen Jahr verlegte er seinen Sitz nach Frankfurt/Main. Nachdem 1996 finanzielle Unregelmäßigkeiten in der Geschäftsführung bekannt wurden, kündigten die Kulturstiftung der Länder und die Stadt Frankfurt alle Fördermittel. Das Generalsekretariat musste geschlossen werden. Die Verwaltung des Dachverbands übernahm bis Ende 1998 der Landeswerkbund Bayern. Nach einer strukturellen Neuordnung und vollständigen Schuldentilgung wurde die Geschäftstelle 1999 von München nach DA in das Haus für Industriekultur verlegt. Eine weitere in DA beheimatete Gründung des Werkbunds ist die seit 1993/94 bestehende Akademie des Werkbunds – Laboratorium der Zivilisation. Sie spaltete sich 1997 in die Werkbundakademie und das nur kurze Zeit bestehende „Laboratorium“ mit Sitz im Haus Deiters.

Lit.: Campell, Joan: Der Deutsche Werkbund 1907-1934, München 1989.