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Bauverein AG

Die heutige Tochtergesellschaft der Stadt DA (HEAG AG) wurde 1864 von einem Darmstädter Bürgerkomitee unter Führung des Hofmarschalls Paul von Westerweller als „Bauverein für Arbeiterwohnungen“ gegründet. Als zunächst rein privatwirtschaftlich niedergelassene AG wollte der Bauverein preisgünstige Mietwohnungen für Arbeiter und Handwerker errichten. Zur Kapitalsicherung suchte man früh die Anbindung an finanzkräftige Mitgesellschafter. Erster Kooperationspartner in diesem Sinne und damit Hauptaktionär wurde 1869 die Hessische-Ludwigsbahn-Gesellschaft (Eisenbahn), die danach die Baupolitik des Bauvereins mit Erfolg zugunsten der Bahnbediensteten beeinflussen konnte. Die zukunftsweisende Verbindung des Bauvereins mit der Stadt DA kam 1929 zustande, als die Stadt die Aktienmehrheit am Bauverein erwarb. Damit wurde der Bauverein zu einem wirkungsvollen Instrument kommunaler Bau- und Sozialpolitik ausgebaut, dessen grundsätzliche Strukturen auch die Zeit des Nationalsozialismus unverändert überdauerten. Nachdem die Stadt DA 1939 ihren gesamten Haus- und Wohnungsbesitz an den Bauverein übertragen hatte, gab es außerhalb des Bauvereins kein nennenswertes Engagement der Stadt mehr für den Neubau von Miet- oder Sozialwohnungen.
Als Hauptaktionär seit 1929 und Alleinaktionär seit 1957 nahm die Stadt ausschlaggebenden Einfluss auf die Besetzung der Vorstands- und Aufsichtsgremien der Baugesellschaft und wahrte ihre Kontrollinteressen, indem sie Stadtratsmitglieder in die Organe des Bauvereins delegierte. Mit der Berufung von Wolfgang Rösch zum hauptamtlichen Vorstandsvorsitzenden 1994 wurde es vorläufig Usus, den zuletzt amtierenden Baudezernenten der Stadt DA mit diesem Posten zu betrauen. (Seit 2003 Hans-Jürgen Braun). Durch die 2003 vollzogene Fusion des Bauvereins mit der HEGEMAG wurde das bauwirtschaftliche Engagement der Gesellschaft auf eine neue Basis gestellt: Mit ihren gegenwärtig etwa 18.000 Wohnungen und 280 Mitarbeitern ist sie nun Marktführer Südhessens bei Wohn- und Gewerbeimmobilien.
Die ersten Wohnhäuser des Bauvereins nach Entwürfen ihres seinerzeit maßgeblichen Baumeisters Christian Lauteschläger kamen in der Kasino- (1866-69) und Feldbergstraße (1873-76) zu stehen. Obwohl die spätere Bautätigkeit des Bauvereins immer den gerade gültigen Mustern des Miet- und Siedlungsbaus folgte, sind v. a. nach dem Zweiten Weltkrieg auch stilistisch herausragende Beispiele zeitgenössischer Architektur entstanden, wie etwa 1955 in der Reihe der Darmstädter Meisterbauten das Ledigenwohnheim Ernst Neuferts oder 2000 die Waldspirale nach Entwürfen Friedensreich Hundertwassers. Von den zahlreichen Studentenwohnheimen des Bauvereins sei wegen seiner städtebaulich exponierten Lage das 1992 auf dem Gelände der Brauerei Grohe errichtete genannt; unter den gegenwärtigen Projekten des Bauvereins ragt die Komplettsanierung der Eberstädter Kirchtannensiedlung heraus.

Lit.: 150 Jahre Bauen für Darmstadt, 1864-2014, Festschrift bearb. von Peter Engels und hrsg. von der bauverein AG, Darmstadt 2014.