Architekt
* 12.4.1883 Karlsruhe
† 20.2.1959 Darmstadt
Otto Bartning beeinflusste als Theoretiker und Praktiker nicht nur maßgeblich die Entwicklung des protestantischen Kirchenbaus. Er war zudem als Protagonist der Moderne führend im Wohnungs- und Siedlungsbau sowie im Sozialbau. Auch als Organisator, Preisrichter und Berater von beispielgebenden Großprojekten beeinflusste er die Architekturgeschichte. Nach fünfsemestrigem Studium der Architektur in Berlin und Karlsruhe verließ Bartning 1908 die Universitäten ohne Hochschulabschluss und widmete sich seinen Bauaufträgen. 1919 veröffentlichte er das Buch „Vom neuen Kirchenbau“ und 1922 entwickelte er in dem Modell der Sternkirche einen neuen protestantischen Kirchenbautyp. Von 1926 bis 1930 war Bartning Direktor der Staatlichen Bauhochschule in Weimar. 1928 baute er als Montagekirche die Stahlkirche auf der „Pressa“ in Köln. 1941 bis 1948 leitete er die Bauhütte der Heiliggeist- und Peterskirche in Heidelberg. Ab 1948 entwickelte Bartning für das Hilfswerk der Evangelischen Kirchen in Deutschland ein Typenprogramm für Notkirchen, Gemeindezentren und Diasporakapellen. Mit der Matthäuskirche (Heimstättensiedlung) wurde 1950 eine der 48 Notkirchen Deutschlands in DA gebaut. Ab 1950 führte er gemeinsam mit Otto Dörzbach ein Architekturbüro in Heidelberg. Bartning bezog 1951 mit seinem „Kirchenbauinstitut“ das Ernst-Ludwig-Haus auf der Mathildenhöhe, in dem er auch seine Privatwohnung hatte. Von 1950 bis 1959 war er der Präsident des Bundes Deutscher Architekten (BDA). In der schwierigen Nachkriegszeit trug Bartning als Zweiter Vorsitzender des Deutschen Werkbundes dazu bei, dass mehrere Organisationen in DA neu gegründet wurden und sich hier niederließen, u.a. der Rat für Formgebung, das Institut für Neue Technische Form und die „Otto-Bartning-Stiftung für Baukunst und Bildende Künste“. Zudem war Bartning der Spiritus Rector der Darmstädter Gespräche. Er leitete das 2. Darmstädter Gespräch „Mensch und Raum“ und entwarf mit der Städtischen Frauenklinik einen der elf Meisterbauten, der 1954 ausgeführt wurde. Er baute u.a. in DA 1955 bis 1956 eine Wohnsiedlung an der Nieder-Ramstädter-Straße und 1956 das bereits abgerissene Bau-Muster-Haus an der Rheinstraße. 1958 entwickelte er gemeinsam mit Karl Hartung einen Brunnen für die Weltausstellung in Brüssel, der dann als Ernst-Ludwig-Brunnen nach DA auf die Mathildenhöhe transferiert wurde. Ab 1951 war er der Leiter der Technischen Kommission für den Wiederaufbau Helgolands und ab 1955 Moderator im Leitenden Ausschuss der Interbau Berlin und Städtebaulicher Berater der Stadt Berlin. 1959 wurde Bartning auf dem Alten Friedhof in DA beerdigt. Seit 1967 erinnert im Stadtteil Kranichstein die Bartningstraße an ihn.
Lit.: Bredow, Jürgen / Lerch, Helmut: Materialien zum Werk des Architekten Otto Bartning, Darmstadt 1983; Schneider, Christoph: Das Notkirchenprogramm von Otto Bartning, Dissertation Marburg 1995; Nicolaisen, Dörte: Das andere Bauhaus. Otto Bartning und die Staatliche Bauhochschule Weimar 1926–1930, Berlin 1996; Frings, Marcus (Hrsg.): Die Sternkirche von Otto Bartning. Analyse, Visualisierung, Simulation, Weimar 2002; Wagner-Conzelmann, Sandra: Die Modelle der Sternkirche von Otto Bartning. In: Elser, Oliver / Cachola Schmal, Peter (Hrsg.): Das Architekturmodell, Werkzeug, Fetisch, kleine Utopie, Deutsches Architektur Museum Frankfurt 2012, S. 38-44; Otto Bartning (1883-1959) - Architekt einer sozialen Moderne, Darmstadt 2017.