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Wohmann, Hans Walter

Puppenspieler, Schriftsteller
* 03.02.1892 Straßburg
† 08.12.1975 Darmstadt
Der Sohn eines Reichsbevollmächtigten in Elsass-Lothringen studierte Jura, Musik- und Theaterwissenschaften in Straßburg. Nach Kriegseinsatz in den Argonnen und Verwundung legte er 1917 das erste juristische Staatsexamen in Schlettstadt (Sélestat) ab. Familiengründung (er wurde Schwiegersohn von Albert Dieckmann †), Vertreibung aus Straßburg und allgemeine Not nach dem Ersten Weltkrieg führten zunächst zu einer Reihe prekärer Anstellungen als Gerichtsreferendar. Am 31. Mai 1922 wurde er Geschäftsführer, bald darauf Generalsekretär beim Landesverband Rheinhessen der Deutschen Volkspartei (DVP) in Worms. Gleichzeitig zog die Familie wegen des attraktiveren kulturellen Umfeldes nach DA. Nach der Auflösung der DVP durch die Nationalsozialisten verdingte sich Wohmann bis zu seiner Pensionierung als (Ober-)Inspektor beim Finanzamt DA.

Wohmann verstand sich nie als Jurist oder Finanzbeamter, sondern als Theatermann und Schriftsteller. Sein erstes Theaterstück „Elend“, ein als Primanerarbeit einzustufendes Sozialdrama, schrieb er im Alter von 15 Jahren. Es folgten zahlreiche Beiträge für Zeitungen und Zeitschriften, wovon seine freie Mitarbeiterschaft am Darmstädter Tagblatt von 1922 bis um 1970 die intensivste war. Unter dem Kürzel HWW schrieb er Theaterrezensionen, Buchbesprechungen, Filmkritiken, aber auch zahllose Berichte über profanere lokale Ereignisse. Dazu kamen Vorträge über das Theaterwesen. Buchveröffentlichungen über das Puppenspiel „Wir spielen Puppentheater“ und das Libretto zu einer Operette „S’Lieserl vom Lindenhof“ stehen neben rund 70 Textbüchern für die eigene Marionettenbühne.

Seine große Liebe zum Theater realisierte er in seinem Marionettentheater, das er mit seiner Ehefrau Luitgard (1897-1980) gemeinsam betrieb. Soweit er die Stücke nicht selbst schrieb, adaptierte er sie für die Gegebenheiten der Bühne im Keller des Einfamilienhauses in der Fichtestraße 35 (um 1985 abgerissen). Neben Märchenstücken waren dies u. a. eine Faust-Bearbeitung, eine Don-Carlos-Parodie („Don Karlchen“) und andere Inszenierungen für Erwachsene. Zeitweise steuerte die Schwiegertochter in spe, Gabriele Guyot, die Bühnenmusik bei. Wegen seiner NSDAP-Mitgliedschaft, zu der er sich als Beamter genötigt sah, erhielt Wohmann 1945 bis zum Spruchkammerbescheid von 1948 als „Mitläufer“ (Stufe IV) Berufsverbot. In dieser Zeit war das Marionettenspiel die einzige Erwerbsgrundlage der Familie. Schulklassenweise wurde „Tout-Darmstadt“ durch den Wohmannschen Marionettenkeller geschleust, womit die Bühne auf dem Steinberg in der verheerten Stadt für die demoralisierte Bevölkerung einen wesentlichen Beitrag zum sich erholenden Kulturleben leistete. Im Hause Wohmann, beim Gründer und langjährigen Leiter des Deutschen Puppenspielerverbandes, traf sich die Puppenspielerwelt, teilweise im Garten zeltend, aus ganz Deutschland.

Die rund 30.000 Medien umfassende Bühnenbildsammlung, die Wohmann im Laufe seines Lebens zusammengetragen hatte, war für Theater und Archive im weitgehend zerstörten Deutschland der Nachkriegszeit eine wichtige Recherchequelle.

Als umtriebiger Reporter, Vorsitzender des Darmstädter Verkehrsvereins und Mitglied im Heinerfestausschuss war Wohmann in DA bestens vernetzt, was ihm manche Tür öffnete und zahlreiche Gäste ins Haus führte. Das Ehepaar Wohmann pflegte eine legere Bohème-Atmosphäre, in der sich zahlreiche Künstlerinnen und Künstler aus Literatur, Theaterwelt und Malerei trafen. Im Gästebuch sind Sixtus Grossmann, Marianne D’Hooge, Helene Christaller, Dorothea Hollatz, Tilla Durieux, der enge Schriftstellerfreund Rudolf Thiel u. v. a vermerkt. Der Maler Bruno Erdmann hatte 1952-1953 sein Wohnatelier im ehemaligen Tochterzimmer des Hauses.

In den zahlreichen Würdigungen, die zu seinem Tod in der Lokalpresse erschienen, heißt es u. a.: „Der Wahl-Darmstädter hat sich für seine zweite Heimat so eingesetzt, als sei er mit Woogswasser getauft worden.“ (DT, 11.12.1975).