Ev. Pfarrer, Eberstädter Heimatforscher
* 10.08.1900 Dieburg
† 02.04.1984 Darmstadt
Nach dem Abitur in Friedberg 1918 studierte Wolfgang Weißgerber von 1918 bis 1922 in Gießen und Heidelberg Theologie (nur vier Semester nachweisbar). Im Anschluss an die theologischen Examina in Gießen (1922) und DA (1923) erfolgte die Ordination am 11.11.1923 in Messel. 1924/25 war Weißgerber Pfarrvikar in St. Veit (Kärnten) und ab 26.04.1925 Pfarrassistent in Traisa. Im Oktober 1929 wechselte er nach Eberstadt. Zwar vom Religiösen Sozialismus beeinflusst, dachte er aber wie die gesamte protestantische Pfarrerschaft nach dem Ersten Weltkrieg streng nationalkonservativ. Seine berufliche Leidenschaft galt der Jugend- und der Pressearbeit. Anfänglichen Widerstand gegen den zunehmenden Einfluss der NSDAP in Eberstadt gab er bald auf. Mit der sog. „Machtergreifung“ verband er große Hoffnungen auf ein kirchliches Wiedererstarken in Deutschland. 1933 bis 1938 war er Mitglied der SA (Sturmmann). 1937 stellte er einen vergeblichen Aufnahmeantrag an die NSDAP, 1938 wurde er, wie alle Geistlichen, aus der SA ausgeschlossen. Dennoch veröffentlichte er in seinem bis 1941 erscheinenden Gemeindeblatt viele wortgewaltige Propagandaartikel im Sinne des Regimes. Zur Bekennenden Kirche hatte er keinen Bezug. Am Zweiten Weltkrieg nahm Weißgerber 1943 bis 1945 als einfacher Gefreiter teil. Nach Kriegsende und (kurzer) Kriegsgefangenschaft versuchte er einen Neuaufbau seiner Eberstädter Gemeinde im Geist der rituell sehr strengen Michaelsbruderschaft, allerdings mit begrenztem Erfolg. Die Namensgebung der bis dahin namenlosen Eberstädter Kirche als Dreifaltigkeitskirche setzte er weitgehend im Alleingang durch, ebenso die auf radikale Schlichtheit zielende Renovierung der Kirche 1961, bei der alle Jugendstil-Elemente der Pützer-Renovierung von 1912 entfernt wurden. Neben der Jugendarbeit war auch nach dem Krieg die ev. Pressearbeit ein wichtiger Arbeitsschwerpunkt Weißgerbers. Zwei Jahrzehnte lang fungierte er als Schriftleiter der Darmstädter Regionalseite des Kirchenblatts „Weg und Wahrheit“. Als Chronist und Heimatforscher beschäftigte er sich intensiv mit der Geschichte Eberstadts und des Hauses Frankenstein. Über seine Rolle in der Zeit des Nationalsozialismus sprach er nie. 1973 erhielt er die Silberne Verdienstplakette der Stadt DA. Wolfgang Weißgerber wurde auf dem Friedhof in Eberstadt beigesetzt.
Lit.: Weißgerber, Wolfgang: Das Gemeindeblatt. Ein Beitrag zur evangelisch-kirchlichen Pressearbeit, Darmstadt 1926; Weißgerber, Wolfgang: 1000 Jahre Eberstädter Kirchengeschichte, Darmstadt 1973.; Ders.: Eberstädter Geschichten aus zwölf Jahrhunderten (782-1982), Darmstadt 1982 (Nachdruck Darmstadt 2004); Weißgerber, Eberhard: Die Dreifaltigkeitskirche in Eberstadt, Groß-Umstadt 1997; Dienst, Karl: Darmstadt und die evangelische Kirchengeschichte in Hessen, Darmstadt 2007, S. 31, 148; Schmidt, Joachim: Auf rechter Straße: Pfarrer Weißgerber Eberstadt, hrsg. von der Hans Erich und Marie Elfriede Dotter-Stiftung, Darmstadt 2020.