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Massenbach, Fabian von

Flügeladjutant Großherzog Ernst Ludwigs von Hessen
* 28.06.1872 Fraustadt/Posen
† 19.05.1948 Darmstadt
Fabian von Massenbach, Sohn des Landrats Leonhard von Massenbach (1835-1883) und der aus den Niederlanden stammenden Marie Forstner von Dambenoy (1838-1908), wurde an der Königlich Preußischen Hauptkadettenanstalt in Groß-Lichterfelde bei Berlin ausgebildet. Daneben unternahm er schon früh Reisen mit seiner Mutter nach Frankreich, Spanien, Italien und Algerien. Diese gemeinsamen Reisen sollten bis zum Tod der Mutter 1908 in Darmstadt fortgeführt werden, so ambivalent sein Verhältnis zu ihr auch war. Nach dem Besuch der Kriegsschule in Hersfeld (April bis November 1891) ging Massenbach im Januar 1892 als Offizier zum Leibdragonerregiment Nr. 24 nach Darmstadt. 1900 bis 1904 absolvierte er die Kriegsakademie in Berlin. Anlässlich der Reise Großherzog Ernst Ludwigs nach Indien brachte ihn dessen Flügeladjutant Fritz Kraemer (1863–1912) als Adjutant ins Gespräch, so dass Massenbach den Großherzog auf dieser Reise begleitete. 1904 wurde er Adjutant des Generalkommandos und 1905 Nachfolger Fritz Schäffer von Bernsteins (1868–1958) als Flügeladjutant des Großherzogs. Im gleichen Jahr bezog er eine Wohnung in der Heidelberger Straße 6 die er bis 1941 bewohnte. Massenbachs Hauptaufgaben bestanden darin, den Großherzog auf offiziellen Reisen – so zum Beispiel nach Russland oder England – zu begleiten, ihm als Gesprächspartner zur Verfügung zu stehen und höfische Veranstaltungen mitzuplanen bzw. bei Audienzen zu assistieren. Mehrfach begleitete Massenbach Ernst Ludwig auch auf privaten Reisen, etwa nach München oder Italien. Seit 1909/10 war er Kompaniekommandeur der Garde-Unteroffiziers-Kompanie als Rittmeister und brachte es bis zum Oberstleutnant. Im Ersten Weltkrieg begleitete Massenbach Großherzog Ernst Ludwig auf dessen Reisen an die Front und stand ab August 1917 selbst für drei Monate bei der Achten Landwehrdivision in Frankreich im Feld. Die Revolution in Hessen-Darmstadt beobachtete er mit nüchternem Blick, sah er in der Monarchie doch keine Zukunft mehr und erkannte den demokratischen Staat als Bollwerk gegen den russischen Bolschewismus. Da er sein offizielles Amt am Hof verloren hatte, verbrachte er seine Zeit mit europaweiten Reisen, die er durch Einkünfte aus den mütterlichen Gütern in den Niederlanden sowie durch Aktiengeschäfte finanzierte. Seine zunächst deutliche Ablehnung des Nationalsozialismus wandelte sich um 1930 zu einer positiveren Einschätzung, schließlich wurde Massenbach zum Sympathisanten der nationalsozialistischen Lehre und Politik, ohne politisch in Erscheinung zu treten. 1946 stufte ihn die Spruchkammer Langen als „unbelastet“ ein. 1944 in seiner Wohnung bei der Familie des mit ihm befreundeten ehemaligen Kammerherrn Gustav von Schauroth (1860–1940) am Darmstädter Wilhelminenplatz ausgebombt, wurde er schließlich von Prinz Ludwig von Hessen auf Schloss Wolfsgarten aufgenommen. Nach einem Schlaganfall verstarb er im Darmstädter Alice-Hospital.

Großen historischen Wert besitzen die umfangreichen Tagebuchaufzeichnungen, die Massenbach zwischen 1896 und 1948 akribisch genau in französischer Sprache geführt hat. Angesichts der starken Kriegsverluste an Archivgut und der Vernichtung der großherzoglichen Korrespondenz kommt seinen Aufzeichnungen ein außerordentlicher Wert zu. Scharfzüngige Berichte und Einschätzungen vom Darmstädter Hof und der damit verbundenen Personen prägen die Jahre zwischen ca. 1905 und 1918. Ausführliche Schilderungen von Staatsbesuchen und der Ereignisse um die Revolution von 1918/19 sind von besonderer Aussagekraft. Die akribischen Aufzeichnungen über die Zeit in Darmstadt sowie die Reisen nach Italien, Frankreich, Spanien, Nordafrika und Griechenland gewähren nicht selten intime Einblicke in das Leben eines Homosexuellen zwischen Kaiserreich und NS-Diktatur.

Die 1948/49 in das Darmstädter Staatsarchiv gelangten Tagebücher waren lange Jahre sekretiert und wurden sogar im Nachhinein geschwärzt. Sie stehen ab Herbst 2026 in deutscher Übersetzung digital im Archivinformationssystem Arcinsys zur Nutzung bereit.

Quellen und Literatur: Hessisches Staatsarchiv Darmstadt Best. D 24 Nr. 62/1 bis 62/13 (= Tagebücher), Nr. 62/14 (Erinnerungen an seine Jugendjahre), D 62/15 (Persönliche Erinnerungsstücke); Stadtarchiv Darmstadt Melderegistratur; Hessisches Staatsarchiv Marburg Best. 901 Nr. 482 Standesamt Darmstadt, Sterbenebenregister 1948, S. 384; Hof- und Staatshandbücher des Großherzogtums Hessen 1894 bis 1915; Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Freiherrlichen Häuser u.a. 1892, S. 548; Barbara Hauck: Capriolen. Die Männerfreundschaften des letzten hessischen Großherzogs Ernst Ludwig, Bad Nauheim 2017, S. 176–185.