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Hauptbahnhof

In DA gab es bis 1912 zwei Bahnhöfe am heutigen Steubenplatz: den Main-Neckar-Bahnhof, 1846 in Betrieb genommen, und den Hessischen Ludwigsbahnhof aus dem Jahr 1875 (Eisenbahn). Als im Laufe der Zeit aufgrund des stark zunehmenden Güter- und Personenverkehrs die beiden Bahnhöfe und die Gleisanlagen nicht mehr ausreichten, entschieden sich Stadt und Reichsbahn für den Bau eines neuen Bahnhofs an seinem heutigen Standort, der damals noch außerhalb der Stadt auf freiem Gelände lag. Man erwartete, dass sich die Stadt nach Westen erweiterte und der Bahnhof dann zentral liegen würde. Friedrich Pützer, der den Architektenwettbewerb gewann, entwarf ein traditionalistisches Empfangsgebäude mit Jugendstilelementen, das am 28.04.1912 in Betrieb genommen werden konnte. Der neue Bahnhof galt in seiner Zeit als sehr modern, da es einen Durchgangsbahnhof in der Art des Darmstädter Bahnhofs noch nicht gab. Außerdem waren die älteren Bahnhöfe meist pompöser und mussten eine Reihe zusätzlicher Funktionen wie z. B. Verwaltungsbüros, Hotels, Fremdenzimmer und große Speiseräume aufnehmen. Der Hauptbahnhof war jedoch zurückhaltend gestaltet und umfasste nur die für den Bahnhofsbetrieb notwendigen Funktionen. Von der großzügigen Empfangshalle mit Eingängen im Süden und Osten hatte man direkten Zugang zu der im Westen gelegenen Bahnsteighalle und zu den nach Zugklassen geteilten Wartesälen im Norden, an die der Wirtschaftsflügel anschloss. Im südlichen Teil der Empfangshalle lagen Gepäckraum und Fahrkartenschalter. Die Bahnsteighalle war durch einen Gang mit der Empfangshalle verbunden. Der anschließende Betonsteg, der durch eine Sperre vom Empfangsgebäude abgetrennt war, überspannte die Gleise und war über Treppen mit den 6 Meter tiefer liegenden Bahnsteigen verbunden. Parallel zum Betonsteg lagen ein Steg für Gepäckbeförderung und der Fürstensteg, von dem aus ebenfalls Treppen zu jedem Bahnsteig führten.

Im Zweiten Weltkrieg wurde der Hauptbahnhof schwer beschädigt, der Nordflügel mit den Wartesälen brannte fast vollständig aus. Bei den Sanierungsmaßnahmen in den 1960er und 1970er Jahren achtete man wenig auf die alte Bausubstanz, sodass viele der historischen Stilelemente verloren gingen und der ausgebrannte Nordflügel vollständig umgestaltet wurde. Bei einer grundlegenden Sanierung in den Jahren 1998 bis 2000 wurden diese Veränderungen von dem Architekturbüro Felgenträger und Franz so weit wie möglich rückgebaut und das alte Erscheinungsbild weitestgehend wiederhergestellt. Außerdem wurde der Querbahnsteig vom Architekturbüro Maier und Burkart durch ein zweigeschossiges aufgeständertes Gebäude erweitert und damit der Anschluss an die Weststadt erreicht. Der frühere Gepäcksteg wurde in ein Fahrradparkhaus umgenutzt und der Poststeg musste abgerissen werden.

Südlich des Empfangsgebäudes des Hauptbahnhofs schließt der schmale lang gestreckte Fürstenbahnhof an, der ursprünglich Aufenthalts- und Empfangsräume für den Großherzog und sein Gefolge umfasste. Nach dem Ende des Großherzogtums 1918 (Volksstaat Hessen) übernahm die Bahn das historische Gebäude und nutzte es als Bahnpolizei und Bahnhofsmission. Im Zweiten Weltkrieg blieb der Fürstenbahnhof äußerlich größtenteils erhalten, im Innern sind trotz der Umnutzung ein Brunnen im Obergeschoss und die Keramiken im Fürstenempfangsraum erhalten, die in der Großherzoglichen Keramischen Manufaktur nach Entwürfen Jakob Julius Scharvogels hergestellt wurden. 1999/2000 wurde auch der Fürstenbahnhof saniert und beherbergt seither ein Restaurant. Die Gesamtanlage wird nach Süden von den Dienstgebäuden der Deutschen Bahn und nach Norden von den Gebäuden des Bahnpostamts, Dienstwohnungen und dem Güterbahnhof abgeschlossen.

Lit.: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Hessen. Stadt Darmstadt. Hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen in Zusammenarbeit mit dem Magistrat der Stadt Darmstadt – Denkmalschutzbehörde – Braunschweig, Wiesbaden 1994, S. 562-565, 575; Der Darmstädter Hauptbahnhof, hrsg. vom Magistrat der Stadt Darmstadt, Kulturamt – Denkmalschutz; 75 Jahre Darmstadt Hauptbahnhof, hrsg. von der Bundesbahndirektion Frankfurt, Frankfurt/M. 1987; Bedeschinski, Christian (Hrsg.): Hauptbahnhof Darmstadt. 100 Jahre im Dienst der Mobilität, Berlin 2012; Hoffmann, Stephan: Darmstadts Bahnhöfe. Die Entwicklung zum südhessischen Knotenpunkt. In: Eisenbahn-Kurier 7/2013, S. 56-60.