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Bräuning-Oktavio, Hermann

Historiker, Politiker
* 03.01.1888 Frankfurt/Main-Niederrad
† 14.11.1977 Freiburg/Breisgau
Der Sohn des Bahnsekretärs Bräuning wuchs in DA auf und begann nach der Reifeprüfung am Neuen Gymnasium 1906 mit einem Mathematik-Studium an der TH Darmstadt. Er wechselte aber schon nach einem Semester (jetzt mit Schwerpunkt Theologie und Philosophie) nach Halle. Nach finanziell bedingter Unterbrechung konnte er die nunmehr stärker literarisch orientierten Studien (jetzt unter dem Schriftstellernamen „Bräuning-Oktavio“) mit einer von Otto Behaghel in Gießen betreuten Dissertation über die „Frankfurter Gelehrten Anzeigen“ von 1772 abschließen, die eine lebenslange Beschäftigung mit Johann Heinrich Merck und dem „Darmstädter Kreis“ begründete. Kurzzeitig Redakteur bei Teubner in Leipzig, Mitbegründer und erster Schriftleiter der „Hessischen Chronik“ in DA, auch Archivar bei der genealogischen Zentralstelle in Leipzig, wurde Bräuning-Oktavio vom Kriegsausbruch 1914 als Forschungsstipendiat in England überrascht und konnte erst nach vierjähriger Gefangenschaft auf der Isle of Man zurückkehren.

Parallel zum in Gießen abgelegten Staatsexamen engagierte er sich im neu aufgebauten Volkshochschulwesen, wurde 1920 kurzzeitig Leiter der VHS in Kassel und kam im Folgejahr, vermittelt vom damaligen Gewerkschaftssekretär Wilhelm Leuschner, in gleicher Funktion nach DA (Volkshochschule). Mit einer Grundsatzschrift über „Die deutsche Volkshochschule“ (1924) verabschiedete er sich und wurde für ein Jahrzehnt Geschäftsführer der Darmstädter Verlagsdruckerei L.C. Wittich. Als „Privatgelehrter“ vollendete er 1936 seine zweibändige Geschichte des Buchdrucks in DA. Nach kurzzeitiger Rückkehr zu Teubner und Brotarbeit im Versicherungswesen entschloss sich Bräuning-Oktavio zum Eintritt in den Schuldienst, leitete 1940/42 mit nachgeholtem zweitem Staatsexamen Höhere Privatschulen in DA und Offenbach und wurde dann in den Staatsdienst übernommen. Obwohl kein NSDAP-Mitglied wurde er 1946 in Salzgitter aus politischen Gründen entlassen und kehrte zu seiner im hessischen Burg-Gemünden evakuierten Familie zurück. Abgesehen von einer zweijährigen Reaktivierung an der Oberschule Homberg/Ohm, der 1955 die offizielle Versetzung in den Ruhestand folgte, widmete sich Bräuning-Oktavio in den Folgejahren seinen historisch-literarischen Arbeiten, zunächst in Offenbach, später in Freiburg. Den Ertrag dokumentieren vier Bände der Darmstädter Schriftenreihe (Bd. 24, 26, 30/31, 1969-1972), vor allem aber der schriftliche Nachlass in der Darmstädter Universitäts- und Landesbibliothek.

Lit.: Internationales Germanistenlexikon 1800-1950, hrsg. Christoph König, Bd. 1, Berlin/New York 2003, S. 255-258; Ruser-Bräuning, Ursula-Maria: Hermann Bräuning-Oktavio. Einer geht seinen Weg - von Darmstadt in die Welt. Erinnerungen eines bewegten Lebens 1888-1968, Berlin 2013.