Stadtlexikon Darmstadt

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Entega

Die heutige Entega ist ein Zusammenschluss vierer ursprünglich einmal selbstständiger städtischer Verwaltungseinheiten: Die Wasserwerksverwaltung wurde mit der Inbetriebnahme der städtischen zentralen Wasserversorgung 1889 als Abteilung des Tiefbauamts gegründet, bereits 1892 wurde sie von diesem getrennt und erhielt in der Adelungstraße 19 ein eigenes Verwaltungsgebäude. Die Verantwortung für Kanalisation und Stadtentwässerung (Kläranlagen) verblieb beim Tiefbauamt. Ebenfalls 1889 wurde mit der Übernahme der Darmstädter Aktiengesellschaft für Gasbeleuchtung (Gasversorgung) eine städtische Gaswerksverwaltung gegründet. 1888 folgten die Verwaltung des Elektrizitätswerks (Stromversorgung), 1897 die der elektrischen Straßenbahn. Alle diese Einrichtungen der städtischen Energiewirtschaft und des Verkehrs blieben mit gesonderter Verwaltung und eigener Kassenführung bis zum Jahr 1912 in städtischer Hand. Im April dieses Jahres brachte die Stadt DA die Straßenbahnen und die städtischen Elektrizitätswerke in die gemeinsam mit der Süddeutschen Eisenbahn-Gesellschaft (SEG) gegründete Hessische Eisenbahn AG (HEAG) ein. Die SEG steuerte die von ihr betriebene Dampfstraßenbahn bei. Die HEAG begann mit dem Aufbau einer Überlandversorgung für das südliche Hessen. 1941 erfolgte die Umbenennung in „Hessische Elektrizitäts AG“ unter Beibehaltung des Kürzels „HEAG“. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Unternehmen in die „HEAG Versorgungs AG“ und die „HEAG Verkehrs GmbH“ aufgeteilt.

Die Verwaltungsangelegenheiten des Gaswerks und des Wasserwerks wurden nach 1912 zusammen mit Schlachthof, Hallenschwimmbad (Zentralbad) und Stadtgärtnerei zentral von einem Sekretariat für die städtischen Betriebe bearbeitet. Am 01.04.1914 vereinigte die Stadt DA die Verwaltungen des Gas- und Wasserwerks als „Direktion der städtischen Gas- und Wasserwerke“ im Haus Frankfurter Straße 29 und verlegte die Wasserwerkstätten in das Werkstätten- und Magazingebäude des Gaswerks an der Frankfurter Straße 100. Diese Neuorganisation wurde aber aufgrund der Entwicklungen der Kriegs- und Nachkriegszeit nicht lange beibehalten. Als 1924 für die „Städtischen Betriebe“ die kaufmännische Buchführung eingeführt wurde, gehörten dazu Gaswerk, Wasserwerk, Schlacht- und Viehhof, Hallenschwimmbad, Kreisabdeckerei und Feuerwehr. 1928 kamen noch die Fernsprechzentrale, der Kraftwagenbetrieb und die Kunsteiserzeugung hinzu. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wurden Gas- und Wasserwerksverwaltung wieder aus den Städtischen Betrieben gelöst und in „Stadtwerke der Landeshauptstadt Darmstadt“ umbenannt.

Nach 1945 entstand im Hinblick auf die großen Aufgaben, die den Darmstädter Stadtwerken zufielen – neben dem Wiederaufbau und Ausbau der Gas- und Wasserversorgung vor allem die Bewirtschaftung und Versorgung eines sich weiter ausdehnenden Regionalnetzes – der Plan, eine kommunale Aktiengesellschaft zu gründen, an der mehrere Kommunen und Gebietskörperschaften und die Industrie beteiligt sein sollten. Deshalb wurde mit Wirkung vom 01.01.1950 die „Südhessische Gas und Wasser AG“ gegründet. Anteilseigner waren die Rheinische Energie AG (Rhenag), die Stadt DA, der Kreis DA (heute DA-Dieburg) und die Gemeinden Groß-Rohrheim und Biblis. Mit dieser Gründung wurde eine neue Grundlage für den wirtschaftlichen Betrieb der Gas- und Wasserversorgung in der Region um DA gelegt. Im Grunde wurde für Gas und Wasser nachgeholt, was fast vier Jahrzehnte zuvor für Strom mit der Gründung der HEAG auf den Weg gebracht worden war.

Seit den 1920er Jahren entwickelte sich eine Konkurrenz zwischen den Schwesterenergien Gas und Strom und den sie vertretenden Betrieben, die sich mit unterschiedlicher Akzentuierung entwickelte. Die Befürworter der Elektrizität betonten vor allem die Sauberkeit und Sicherheit gegenüber dem Gas. Gas hatte hingegen den Vorteil, dass es auf Vorrat produziert werden konnte und in der Herstellung billiger war. Der moderne Elektromotor hatte den Gasmotor Mitte der 1920er Jahre fast vollständig verdrängt. Auch in der Wohnungsbeleuchtung setzte sich die Elektrizität mit der elektrischen Glühlampe, die eine höhere Lichtausbeute hatte und rückstandsfrei brannte, durch, ebenso bei Haushaltsgeräten wie Kühlschränken, Brennscheren und Bügeleisen. Beim Kochen hielten sich beide Energieformen die Waage, während der Strom das Gas bei der Warmwasserbereitung und der Heizung niemals aus dem Feld schlagen konnte. In Bezug auf die Darmstädter Straßenbeleuchtung gab es in den 1950er und 1960er Jahren Auseinandersetzungen zwischen HEAG und Südhessischer Gas und Wasser AG, die zum Teil in der Öffentlichkeit geführt wurden. Möglicherweise, um diese Konkurrenz beizulegen, fanden zu Beginn der 1970er Jahre Bestrebungen statt, beide Unternehmen zu fusionieren. Da Gutachten jedoch übereinstimmend feststellten, eine Fusion ergebe keine Vorteile, wurden die Bemühungen damals eingestellt. 30 Jahre später, im September 2003 wurden im Rahmen der Schaffung einer neuen Holding-Konzeption für die Stadtwirtschaft (HEAG AG) dann doch die Südhessische Gas und Wasser AG und die HEAG Versorgungs AG zusammengeschlossen. Beide Unternehmen fusionierten zur „HEAG Südhessische Energie AG“, kurz HSE. Damit entstand der größte eigenständige Dienstleister für Energie, Wasser und Entsorgung in Südhessen, der die Wettbewerbsfähigkeit der regionalen Energie- und Wasserversorgung verbessert. 2015 nannte sich die HSE um in Entega.

Die Entega bildet heute die größte operative Sparte innerhalb des Stadtwirtschaftskonzerns HEAG AG. Teil des Unternehmens ist auch die von der HEAG übernommene Kommunikationstochter Medianet. Nach wie vor betreibt die Entega das Darmstädter Müllheizkraftwerk und die Kläranlagen. Seit 2007 setzt sie sich für den Ausbau erneuerbarer Energien ein und investiert in entsprechende Projekte: Photovoltaikanlagen, Solar- und Windparks und Biogasanlagen. 2008 wurde der Vertrieb von Atomstrom eingestellt. In den letzten Jahren kämpft das Unternehmen mit den aufgrund des steigenden Solar- und Windstroms fallenden Energiepreisen.

Lit: Engels, Peter: 100 Jahre HEAG, Chronik 1912-2012, Festschrift, Darmstadt 2012, S. 92-104.