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Büchner, Luise

Schriftstellerin, Journalistin
* 12.06.1821 Darmstadt
†28.11.1877 Darmstadt
Tochter der Luise geb. Reuss und des Obermedizinalrats Ernst Karl Büchner, Schwester des Dichters Georg und des Naturwissenschaftlers Ludwig Büchner. Nach Besuch einer Mädchenschule erwarb Büchner autodidaktisch umfangreiche Kenntnisse in Literatur, Geschichte und Philosophie. Bereits in jungen Jahren schrieb sie Gedichte. 1855 verfasste sie das Buch „Die Frauen und ihr Beruf: Ein Buch der weiblichen Erziehung“, das vorerst anonym, in späteren Auflagen mit ihrem Namen erschien. Sie forderte darin eine umfassende Bildung und Ausbildung von Mädchen bis zum 18. Lebensjahr. Durch den Erfolg dieses Buchs avancierte Büchner zur Expertin in Mädchenbildungsfragen in Deutschland. Seit Mitte der 1860er Jahre arbeitete sie mit Prinzessin Alice eng zusammen. Gemeinsam gründeten sie 1867 die Alice-Frauenvereine. Büchner wurde von der Prinzessin zur Vizepräsidentin des Vereins zur Förderung der weiblichen Industrie, des späteren Alice-Vereins für Frauenbildung und Erwerb, ernannt. Die Darmstädter Bildungsexpertin war 1869 in Berlin auch an der Gründung des Verbands deutscher Frauenbildung- und Erwerbvereine (genannt Lette-Verband) maßgeblich beteiligt. Als Koreferentin von Rudolf Virchow berichtete sie in dieser Gründungsversammlung über die Arbeit der Darmstädter Alice-Vereine. 1872 organisierte sie zusammen mit Prinzessin Alice in DA die erste Generalversammlung des in Berlin gegründeten Verbands. Büchner war auch Mitherausgeberin des Verbandsorgans „Der Frauen-Anwalt“. Daneben arbeitete sie als Dozentin und hielt von 1860 bis 1870 in ihrer Wohnung in der Grafenstraße (nach 1870 im Alice-Lyzeum) Geschichtsvorlesungen für Frauen und Mädchen. Ihre Vorlesungen erschienen 1875 auch in Buchform. Die literarische Tätigkeit von Büchner erstreckte sich auf viele Gebiete: Sie schrieb Gedichte, Erzählungen und auch einen Roman. Anregungen zu ihren literarischen und essayistischen Werken erhielt sie auf ihren zahlreichen Reisen nach Holland, in die Schweiz, in die Normandie und durch Aufenthalte in Paris. Ihre „Weihnachtsmärchen für Kinder“, die sie den beiden älteren Kindern ihres Bruders Ludwig widmete, wurden mehrfach aufgelegt. Darin verknüpfte sie fantasievoll die Frau-Holle-Sagen um den Böllstein im Odenwald mit dem Glauben ans Christkind, das zum Adoptivkind der Frau Holle wird. Im Jahr 1938 erschien eine bibliophile Ausgabe der Märchen im Darmstädter Roether-Verlag mit Bildern heimatlicher Motive des Darmstädter Grafikers Hartmuth Pfeil.

Luise Büchner hat ein Ehrengrab auf dem Alten Friedhof in DA. 2001 wurde der Luise-Büchner-Weg in Kranichstein nach ihr benannt. Seit 2012 vergibt die Luise-Büchner-Gesellschaft den Luise-Büchner-Preis für Publizistik in DA. Am 2. Juli 2017 wurde ihr zu Ehren das Luise-Büchner-Denkmal in der Döngesborngasse zwischen Justus-Liebg-Haus und Pädagog enthüllt. 2021 nahm in der Lincol-Siedlung die Luise-Büchner-Schule mit Grundschulkindern ihre Arbeit auf, im Februar 2022 wurde die gleichnamige Kindertagestätte bezogen und im Juli des Jahres erfolgte dann die Eröffnung des Bildungscampus Luise Büchner.

Lit.: Dierks, Margarethe: Luise Büchner (1821-1877). In: Dies.: Sie gingen voran: Vier bedeutende Darmstädter Frauen des 19. Jahrhunderts, Darmstadt 1990, S. 82-143; Hausberg, Elke / Schmidt, Agnes: Feder und Wort sind Euch gegeben, so gut wie dem Manne! Studien und Briefe zu Luise Büchners Leben und Werk, Darmstadt 2004 (Darmstädter Schriften 85); Gröbel, Matthias/Köhler, Manfred H.W./Lange, Thomas/Scharpf, Cordelia: „Fortschritt der Menschheit in der Entwicklung des Menschen“. Georg Büchners Geschwister in ihrem Jahrhundert (Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 167), Darmstadt und Marburg 2012; Scharpf, Cordelia: Luise Büchner, eine evolutionäre Frauenrechtlerin des 19. Jahrhunderts, Bern 2013; Darmstädter Ehrengräber, Darmstadt 2016 (Darmstädter Schriften 105), S. 25-28.