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Au, Hans von der

Landesjugendpfarrer, Volkskundler
* 16.02.1892 Eberstadt
† 21.05.1955 Darmstadt
Hans von der Au wuchs als Pfarrersohn in Rheinhessen und DA auf. Von 1910 bis 1914 studierte er in Tübingen und Gießen Theologie. Noch während seiner Wehrdienstzeit begann der Erste Weltkrieg. Erst im Mai 1920 kehrte er nach einer abenteuerlichen Flucht über Indien aus sibirischer Kriegsgefangenschaft zurück. 1921 wurde von der Au ordiniert und promovierte 1924 zum Lic. theol. Zwischen 1921 und 1924 versah er verschiedene Pfarrstellen im Odenwald. Er beschäftigte sich intensiv mit Brauchtum und Heimatkunde. Ab 1925 war er Landesjugendpfarrer und trat in dieser Funktion 1933 auch in die SA ein, um, wie er später sagte, die evangelische Jugendarbeit besser schützen zu können. 1934 wurde er aber wegen Auseinandersetzungen zwischen der HJ und den kirchlichen Jugendgruppen aus dem Amt gedrängt. Bis 1944 arbeitete er als Studienrat an der Liebig-Oberrealschule in Darmstadt. 1933 bis 1939 war er förderndes Mitglied der SS, seit 1934 aber auch Mitglied der Bekennenden Kirche. 1937 trat er in die NSDAP ein. 1939 promovierte er zum Dr. phil. mit einer volkskundlichen Dissertation über „Das Volkstanzgut im Rheinfränkischen“. Material aus dieser Arbeit mit z.T. stark antisemitischen Passagen erschien in den Monatsheften „Volk und Scholle“ des NS-Heimatbundes. 1940 bis 1942 tauchte von der Au bei „Volk und Scholle“ mehrfach in offizieller Mission auf, so 1940 als „Vertreter der Bundesleitung des Heimatbundes“ und bis 1942 als „Geschäftsführender Bundesleiter“. Ein von ihm später im Spruchkammerverfahren behaupteter Konflikt mit der Gestapo wegen „Verächtlichmachung der NS-Weltanschauung“ 1941 lässt sich nicht belegen. 1944 wurde er zur Wehrmacht eingezogen. 1945 kehrte er nach DA-Eberstadt zurück und arbeitete dort als Pfarrer zusammen mit Wolfgang Weißgerber. 1946 wurde er in einem Spruchkammerverfahren zunächst als „Mitläufer“ eingestuft, die Ausübung des Pfarrerberufs verboten, 1947 das Urteil jedoch deutlich reduziert. Für kurze Zeit war von der Au 1947 im Hessischen Staatsarchiv und dann als Krankenhausseelsorger tätig. 1948 wurde er Studienrat an der Viktoriaschule. Er arbeitete weiter über Trachten, religiöses Brauchtum und Folklore sowie Kirchengeschichte und führte die von Wilhelm Diehl begründete Reihe der Hessischen Volksbücher weiter. Von der Au starb, erst 63jährig, in Darmstadt. Seine Grabstätte befindet sich auf dem Eberstädter Friedhof. 1959 wurde in Eberstadt eine Straße nach dem „Pfarrer und Heimatforscher“ benannt. Am 8. Mai 2019 beschloss der Magistrat der Wissenschaftsstadt Darmstadt, diese Benennung wegen der Verstrickung von der Aus in den Nationalsozialismus und seiner antisemitischen Äußerungen rückgängig zu machen.

Lit.: Au, Hans von der: Die Namen der Gemarkung Eberstadt bei Darmstadt. In: Götze, Alfred im Auftrag der Hessischen Vereinigung für Volkskunde (Hrsg.), Band 4, Heft 20, Gießen 1941;

Clemm, Ludwig: Hans von der Au. In: Jahrbuch der Hessischen Kirchengeschichtlichen Vereinigung, Bd. 7, 1956, S. 159f.; Knöpp, Friedrich: Hans von der Au zum 100. Geburtstag. In: Geschichtsblätter Kreis Bergstraße, Bd. 25, 1992, S. 85-91; Reutter, Rolf: Bibliographie Hans von der Au. In: ebd., S. 92-106; Artikel Hans von der Au, in: Dokumentation Straßennamen S.5-16, f.hypotheses.org/wp-content/blogs.dir/4285/files/2019/05/Biographien_Stra%C3%9Fennamen.pdf; Schmidt, Joachim: Auf rechter Straße: Pfarrer Weißgerber Eberstadt, hrsg. von der Hans Erich und Marie Elfriede Dotter-Stiftung, Darmstadt 2020, S. 95-98.