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Henschel

1897 erwarb der aus einer Odenwälder Kaufmannsfamilie stammende Textilkaufmann Siegmund Rothschild (1870-1940) das ehemalige Mecklenburgische Palais an der Südwestecke des Marktplatzes und eröffnete hier ein Textil- und Stoffgeschäft. 1907 kaufte er den benachbarten rechten Flügel des ehemaligen Marktpalais hinzu, ließ ihn abreißen und 1908 durch einen zeitgemäßen Neubau ersetzen. Fünf Jahre später wurde der Neubau nach Abriss des ehemaligen Mecklenburgischen Palais von dem Darmstädter Architekten Karl Klee zusammen mit dem Frankfurter Büro Rindsfüßer und Kühn erweitert und mit der heute noch vorhandenen gerasterten Fassade aus gelbem Sandstein am Marktplatz gestaltet. 1929 erwarb Rothschild auch das angrenzende Kaufhaus Schwab im Winkel zwischen Marktplatz und Ernst-Ludwig-Platz. Kaufmann Ludwig Schwab hatte 1829 die hier befindliche Alte Kanzlei (Weißer Turm) erworben und zu einem Kaufhaus umgebaut, das seine Söhne Theodor und Wilhelm leiteten. 1869 wurde das Haus von Theodor Schwab (Wilhelm Schwab war aus der Geschäftsleitung ausgeschieden) umgebaut und bedeutend erweitert. Mit der Übernahme des Schwab’schen Kaufhauses durch Rothschild hatte der Kaufhauskomplex seinen bis heute erhaltenen Umfang erreicht. Rothschild selbst hatte nicht viel Freude daran, denn die Nationalsozialisten zwangen ihn 1936, die Firma aufzulösen, seinen Besitz zu verkaufen und zu emigrieren. Ihr Geschäft wurde in gegenseitigem Einvernehmen von den Kaufleuten Erich Henschel (1901-1970) und Hans Ropertz (1901-1956) übernommen. Die Witwe von Siegmund Rothschild wurde 1945 Mitgesellschafterin des Geschäfts.

In der Brandnacht wurde das Kaufhaus „Henschel & Ropertz“ bis auf die dem Marktplatz zugewandte Fassade zerstört. 1946 konnte eine kleine Verkaufsstelle am Marktplatz, 1948 das Erdgeschoss wieder eröffnet werden. 1952 wurde das von dem Architekten Peter Müller (1881-1960) entworfene Gebäude am Ernst-Ludwig-Platz eingeweiht, 1956 die Erweiterung in die Ernst-Ludwig-Straße hinein fertig gestellt. 1974/75 erhielt „Henschel & Ropertz“ eine in der Öffentlichkeit umstrittene neue Fassade, die aus einem gemeinsam mit der Stadtbauverwaltung ausgeschriebenen Wettbewerb hervorging. 1990 bis 1992 wurde das Kaufhaus durch die Erweiterung der vierten Etage und den Aufbau der fünften Etage vergrößert, 2001 und 2012/13 im Innern umgebaut. Seit April 2013 firmiert das Kaufhaus unter dem Namen „Henschel“.

Lit.: 100 Jahre persönliche Leistung am Markt : Rothschild 1897-1997 Henschel und Ropertz, hrsg. von der Henschel und Ropertz GmbH, Darmstadt 1997; Ropertz, Hans-Rolf: Der Weg vom Kopf zum Arm ist lang: Erinnerungen an mein berufliches Leben bei Henschel und Ropertz, 3 Bde., Darmstadt 2010.