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Wittich’sche Hofbuchdruckerei

Vorläufer der Wittich’sche Hofbuchdruckerei war die 1684 von Sebastian Griebel gegründete Griebel’sche Druckerei, die zu ihrer Zeit einzige Druckerei in DA. Unter Gottfried Haussmann erhielt die Druckerei am 09.08.1709 das Prädikat „Hofbuchdruckerei“ und bekam 1710 das immerwährende Privileg auf Druck und Verlag des Neuen Testaments nebst Gesangbuch, des Darmstädtischen Gesangbuchs und des Spruchbuchs einschließlich des Katechismus verliehen. Unter Gottfried Heinrich Eylau gab die Hofbuchdruckerei ab 1738 das „Darmstädter Frag- und Anzeigungs-Blättgen“, die drittälteste deutsche Tageszeitung, heraus. 1764 heiratete die Erbin, Maria Juliana Eylau, den Geheimen Kanzlei-Sekretär Johann Georg Wittich (1712-1776), der dadurch Besitzer des Unternehmens wurde. Um den Bestimmungen der Innung zu genügen, erlernte er noch mit 52 Jahren die Buchdruckerkunst, das dritte und vierte Lehrjahr wurden ihm gegen Bezahlung erlassen. Wittich war ein literarisch gebildeter Mann und stand in Kontakt zum Kreis um Johann Heinrich Merck. Zwischen 1772 und 1775 verlegte und druckte er die Sammlung von Klopstocks „Oden und Elegien“ sowie die kleinen Schriften Goethes und Mercks. 1773 erschien die Erstausgabe des „Götz von Berlichingen“ in DA. Nach dem Tod Wittichs (nach ihm wurde 1963 die Wittichstraße benannt) führte seine Witwe das Unternehmen für ihre noch unmündigen Kinder weiter. 1777 wurde der Druck des Neuen Testaments und des Gesangbuchs auf die neu gegründete staatliche „Invaliden- und Soldaten- Waisenanstalt“ übertragen, die durch Verlagsgeschäfte unterhalten werden sollte. Nach wiederholtem Einspruch und Verweis auf das Privileg von 1710, kam es 1783 zu einem Vergleich, welcher der Hofbuchdruckerei das weitere Bestehen ermöglichte. Ludwig Carl Wittich übernahm 1797 die Druckerei, die seitdem seinen Namen trug. Aus dem „Darmstädter Frag- und Anzeigungs-Blättgen“ wurde 1874 das „Darmstädter Tagblatt“. Im 19. Jahrhundert lag die Verlagstätigkeit neben Schulbüchern und Kalendern hauptsächlich auf dem Gebiet der hessischen Geschichte und Heimatkunde. In der Hofbuchdruckerei entstanden aber auch Wertpapiere, so die ersten Bankaktien der Bank für Handel und Industrie (Banken) und weitere Aktien für verschiedene Darmstädter Aktiengesellschaften. 1922 bis 1923, als die Reichsdruckerei während der Inflation den Banknotenbedarf nicht mehr bewältigen konnte, wurden u. a. in DA Reichsbanknoten hergestellt. Neben Kalendern, Schul- und Gesangbüchern gab die Hofbuchdruckerei auch Reisebücher und Erzählungen heraus. Das „Darmstädter Tagblatt“ erschien nach dem Zweiten Weltkrieg erst 1949 wieder als Ableger der Mainzer Verlagsanstalt. Am 01.07.1986 wurde es vom „Darmstädter Echo“ übernommen und stellte drei Monate später sein Erscheinen ein. Die Wittich’sche Hofbuchdruckerei gehörte lange Jahre zum F.A. Brockhaus-Verlag und wurde am 30.06.1974 nach 290 Jahren des Bestehens geschlossen.

Lit.: Bräuning-Oktavio, Hermann: Der Buchdruck in Darmstadt 1605-1764, Darmstadt 1934; Ders.: Die L.C. Wittich’sche Hofbuchdruckerei 1764-1934, Darmstadt 1936.