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Dioramen, tiergeographische

Ende des 19. Jahrhunderts entwarf Gottlieb von Koch für den von dem Architekten Alfred Messel geplanten Neubau des heutigen Hessischen Landesmuseums die zoologischen Dioramen. Neben der tiergeographischen Themenstellung war auch die Art der Präsentation zoologischer Präparate damals einzigartig und wegweisend für die Museumskunde weltweit. Von Koch kehrte die bis dato übliche Position von Betrachter und Objekt um, indem er den Besucher in den „Schaukasten“, einen verdunkelten Gang, versetzte. Von dort aus gaben große Glasscheiben den Blick frei auf die durch Oberlicht erhellten Dioramenlandschaften. In seiner bewusst reduzierten Darstellung der Landschaftsformen legte von Koch Wert darauf, den Blick auf die Ausstellungsobjekte freizuhalten und der Fantasie des Betrachters Raum zu geben. Von 1904 bis 1908 entstanden in Zusammenarbeit mit dem Präparator Karl Küsthardt die vier Tiergruppen der australischen, orientalischen, äthiopischen und der südamerikanischen Region. 1914, nach von Kochs Tod, kamen sechs Gruppen hinzu, die in deutlich naturalistischerer Ausgestaltung Tiergesellschaften verschiedener Lebensräume der Nordhalbkugel zeigten (Polargebiet, Nordost-Europa, Nordseeküste, Deutscher Wald, Flussufer und Hochgebirge).

In der Darmstädter Brandnacht 1944 wurden die Dioramen, insbesondere die Südamerika- und die Polargruppe, teilweise beschädigt. Bis auf die Polargruppe konnten alle jedoch originalgetreu restauriert werden. Beim Wiederaufbau der Polargruppe überspitzte man die ursprüngliche, abstrakte Gestaltungsidee von Kochs. In allen zehn Dioramen wurden insgesamt etwa 1.000 Tierpräparate aufgestellt, darunter teils sehr seltene oder sogar ausgestorbene Arten. So befand sich das Darmstädter Exemplar des Beutelwolfs über lange Zeit in der Australiengruppe, mittlerweile wurde es jedoch in eine eigene Schauvitrine überführt.

Lit.: Feustel, Hanns: Die Tiergeographischen Gruppen im Hessischen Landesmuseum Darmstadt, Darmstadt 1970.