Der älteste und längste Abschnitt der Menschheitsgeschichte ist die Steinzeit. Funde oder Werkzeuge der Altsteinzeit sind in unserem Raum sehr selten. Ein herausragendes Stück ist der Unterkiefer von Mauer bei Heidelberg, dessen Alter auf etwa 500.000 Jahre geschätzt wird. Aus der nordmainischen Wetterau ist zudem eine Reihe von Fundstellen mit Werkzeugen dieser Zeit bekannt. Etwas dichter werden die Fundstellen für das Ende der Altsteinzeit und die Mittelsteinzeit. Fundstellen dieser Zeitstellung hat man in Rüsselsheim und Groß-Gerau ausgegraben.
Die frühesten Funde im Raum DA gehören der jungsteinzeitlichen bandkeramischen Kultur an. Im 6. Jahrtausend vor Chr. erreichen aus Südosteuropa kommende Gruppen von Siedlern Mitteleuropa, die erstmals sesshaft waren, domestizierte Tiere mit sich führten und Ackerbau betrieben. Eine Fundstelle dieser Kultur befindet sich in der Nähe des Bessunger Forsthauses. Als „Ältester Darmstädter“ wird ein Grab der spätneolithischen Glockenbecherkultur (um 2.400 v. Chr.) bezeichnet, das zusammen mit weiteren Gräbern 1926 ganz im Westen der Gemarkung im Griesheimer Eichwäldchen zu Tage kam. Der Tote wurde auf der Seite liegend in Hockerstellung beigesetzt. Dem Toten wurden ein Keramikgefäß und eine steinerne Armschutzplatte als Beigaben mit in das Grab gegeben. Das Grab ist Bestandteil der archäologischen Schausammlung im Hessischen Landesmuseum Darmstadt.
Die nachfolgende Bronzezeit reicht von 2400 bis 800 v. Chr. Namengebend ist der neue Werkstoff Bronze, eine Legierung aus Kupfer und Zinn. Die Bronzezeit wird unterteilt in die Frühbronzezeit (Adlerbergkultur), die mittlere Bronzezeit (Hügelgräberbronzezeit) und die späte Bronzezeit (Urnenfelderkultur). In der Darmstädter Gemarkung ist vor allem die Hügelgräberbronzezeit durch eine Vielzahl von Grabhügeln vertreten. Größere Grabhügelfelder liegen im Norden DAs im Bereich der Bayerseicher- und der Langen-Schneise. Weitere Grabhügelgruppen befinden sich westlich der Scheftheimer Wiesen (Natur- und Landschaftsschutz) und im Bessunger Wald. In den Hügeln, die zum Teil heute noch verflacht in den Wäldern zu sehen sind, wurden die Toten mit ihrer Tracht und Bewaffnung beigesetzt. Den Frauen wurden Nadeln und Ringschmuck aus Bronze mitgegeben. Männergräber enthalten Beile, Dolche und in seltenen Fällen auch Schwerter.
Vor allem die Grabhügel am Forsthaus Bayerseich fanden in der Forschung Beachtung. Friedrich Kofler grub 34 Grabhügel in den Jahren von 1901 bis 1907 aus. Diese Grabungen fanden auf Veranlassung Großherzog Ernst Ludwigs und im Beisein der Großherzoglichen Familie statt. Die reichen Funde aus den Grabhügeln im Hessischen Landesmuseum sind 1944 während der Brandnacht zerstört worden.
Von 800 bis 50 v. Chr. reicht die Eisenzeit. Namengebend war der neue Werkstoff Eisen. Das Wissen um seine Verarbeitung gelangte aus dem Nahen Osten über den Balkan nach Mitteleuropa. Die Eisenzeit gliedert sich in die ältere Hallstattzeit (benannt nach einem Fundort in Österreich) und in die jüngere La-Tène-Zeit (benannt nach einem Fundplatz in der Schweiz). Die Träger der La-Tène-Kultur waren die Kelten. Während der Hallstattzeit lebten die Menschen in kleinen Gehöften und Ansiedlungen. Lebensgrundlage war Ackerbau und Viehzucht. Neben Schweinen und Rindern waren auch Ziegen und Schafe Fleischlieferanten. Domestiziert waren ebenfalls Pferd, Hund und Huhn. Die Toten wurden während der Hallstattzeit verbrannt und in Urnen in Grabhügeln beigesetzt. Am Ende der Hallstattzeit änderte sich die Grabsitte und es wurden vermehrt Körpergräber angelegt. Es zeichnete sich zunehmend eine Adelsschicht ab, die vor allem in Form sehr reich ausgestatteter Gräber mit Importgut aus dem Mittelmeerraum fassbar wurde.
Grabhügel der Hallstattzeit befinden sich in der Fasanerie im Osten DAs. Zwischen 1897 und 1903 wurden eine Reihe von Grabhügeln durch Friedrich Kofler ausgegraben. Im Herbst 1898 waren bei der Öffnung eines Hügels Großherzog Ernst Ludwig und seine Frau anwesend.
Auch die Kelten lebten vorwiegend in kleinen, unbefestigten Ansiedlungen. Während der La-Tène-Zeit wurden die Toten sowohl verbrannt als auch unverbrannt beigesetzt. Den Verstorbenen wurden Dinge aus ihrem persönlichen Besitz mitgegeben. In der Darmstädter Gemarkung ist eine Vielzahl eisenzeitlicher Fundstellen bekannt. Zumeist handelt es sich um Zufallsfunde, die im Rahmen von Bauarbeiten gemacht wurden. Außerdem liegen vor allem in den Wäldern im Norden und Südosten der Gemarkung Grabhügel in größerer Zahl vor. Diese Grabhügel sind zum Teil schon in antiker Zeit beraubt worden. Bekannter in der Öffentlichkeit wurde das Grab mit dem „Spitz vom Weißen Turm“. Es handelt sich um ein Grab aus der späten La-Tène-Zeit, das bereits im 19. Jahrhundert gefunden wurde. Neben zwei Keramikgefäßen fand sich auch eine Hundeplastik aus Gagat. Auch diese im Hessischen Landesmuseum aufbewahrten Funde sind während der Darmstädter Brandnacht 1944 zerstört worden.
Die Epoche der Römerzeit begann in unserer Region mit der Okkupationsphase um etwa 80 n. Chr. und endete mit dem Fall des Limes um 260 n. Chr. Die Darmstädter Gemarkung gehörte wohl zur Gebietskörperschaft der „civitas auderiensium“ mit dem Hauptort Dieburg. Auf Darmstädter Gebiet ist eine Reihe von römischen Funden bekannt geworden. Leider handelt es sich zumeist um Zufallsfunde, die eine genauere Aussage nicht möglich machen. Sicherlich lagen auch im Gebiet von DA die typischen Gutshöfe (villae rusticae), die auf der Basis von Ackerbau und Viehzucht bewirtschaftet wurden. Die römischen Brandgräber und Mauerreste in Eberstadt am Steigertsweg deuten auf einen solchen Gutshof hin. Ab Bessungen ist in südlicher Richtung die römische Bergstraße mehrfach nachgewiesen. Sie kreuzte sich am Forstmeisterplatz mit der Straße von Groß-Gerau nach Dieburg.
Nachdem sich 260 n. Chr. germanische Stämme in Südhessen im Vorfeld des spätrömischen Limes mit römischer Duldung festgesetzt hatten, etablierten sich ab 500 n. Chr. die Franken, einer der germanischen Stämme in unserem Raum. Häufig waren es fränkische Gehöfte, welche die Keimzellen unserer Dörfer und Städte bildeten. Diese Siedlungen sind allerdings durch die jahrhundertelange Überbauung wenig erforscht. Wesentlich genauere Kenntnis hat man über die frühmittelalterlichen Gräberfelder. Sie werden auf Grund der gleichartigen Ausrichtung der Gräber und ihrer Anlage in Reihen auch Reihengräberfelder genannt. Es ist die letzte Epoche, in der regelhaft den Toten Dinge des persönlichen Besitzes in die Gräber gegeben wurden. Die Frauen trugen Fibeln (Gewandschließen) aus Bronze, Silber oder Gold, Ketten aus Glasperlen und Gürtelschnallen. Den Männern wurden Schwert, Schild und Lanze mit in das Grab gegeben. Außerdem finden sich häufig Keramik- und Glasgefäße, und sowohl Männern als auch Frauen wurden Knochenkämme beigelegt.
In DA und seinen Stadtteilen sind mehrere Gräberfelder des Frühmittelalters bekannt. Zunächst ist das Gräberfeld „Windmühle“ im Zwickel Gräfenhäuser-/Pallaswiesenstraße zu nennen. Entdeckt wurde es 1859 beim Bau der Ludwigsbahn (Eisenbahn). Viele Funde dieses Gräberfelds haben den Museumsbrand überstanden und befinden sich im im Hessischen Landesmuseum in DA. Ein weiteres Gräberfeld wurde 1894 am Luisenplatz unter dem Kollegiengebäude bekannt. 1860 fanden sich fränkische Gräber dieser Zeitstellung beim Abtragen des Vollhardsbergs in Bessungen. Die Fundstelle befindet sich am heutigen Forstmeisterplatz. Auch von diesem Gräberfeld liegen Grabbeigaben vor. Allerdings lässt sich bei diesen drei Fundstellen nicht von geordneten Untersuchungen sprechen.
Zuständig für die Archäologie sind in Darmstadt die Abteilung „hessenARCHÄOLOGIE“ des Landesamts für Denkmalpflege als Obere Denkmalschutzbehörde und die Abteilung „Denkmalschutz und Denkmalpflege“ beim Stadtplanungsamt als Untere Denkmalschutzbehörde. Die Abteilung „Archäologie“ des Hessischen Landesmuseums DA präsentiert die reiche Fundlandschaft Südhessens.
Lit.: Wiesenthal, Georg: Darmstadts Bodenurkunden, Darmstadt 1953; Baatz, Dietwulf/Herrmann, Fritz-Rudolf: Die Römer in Hessen, Stuttgart 1982; Roth, Helmut/Wamers, Egon: Hessen im Frühmittelalter, Sigmaringen 1984; Möller, Jutta: Katalog der Grabfunde aus Völkerwanderungs- und Merowingerzeit im Südmainischen Hessen, Stuttgart 1987; Herrmann, Fritz-Rudolf/Jockenhövel, Albrecht: Die Vorgeschichte Hessens, Stuttgart 1990.