1851 gründete Philipp Carl Schmitt (1826-1909), Violinenspieler an der großherzoglichen Hofkapelle, eine Schule für Klavierspiel. Den Unterricht erteilte der Gründer selbst, bis 1857 unterstützt von seiner Mutter Henriette, einer Pianistin. Schmitt führte ein damals neues Unterrichtskonzept ein, das die Einführung von Gemeinschaftsunterricht, Ensemblespiel und Vomblattspiel vorsah. Größere symphonische Werke wurden, achthändig für Piano gesetzt, mit mehreren vierhändig gespielten Klavieren aufgeführt. Seit 1858 gaben öffentliche Konzerte den Schülern Gelegenheit, sich ohne Prüfungsdruck im öffentlichen Vortrag zu üben. Aufgrund steigender Schülerzahlen zog die Schule mehrmals um, vom ersten Domizil in der mütterlichen Wohnung in der Schützenstraße in die Karlstraße, 1857 in die Elisabethenstraße, 1862 in die Grafenstraße, hier schon unter der neu gewählten Bezeichnung „Philipp Schmitt’sche Musikschule“. Die Schülerzahlen steigerten sich von 16 im Gründungsjahr auf 160 im Jahr 1869. Dies bewog den Direktor, in der Elisabethenstraße, Ecke Zimmerstraße ein Haus zu kaufen, in dem das Institut sein endgültiges Domizil fand. 1878 nannte Schmitt seine Gründung in „Philipp Schmitt’sche Academie für Tonkunst“ um. Damit leitete er gleichzeitig eine Reform der Anstalt ein, indem er sie in die beiden Abteilungen „Kunstschule“ für Berufsmusiker und „Dilettantenschule“ für die Laienbildung gliederte, was prinzipiell bis heute Bestand hat. 1906 hatte die Akademie so viele Schüler, dass an der Stelle des alten Gebäudes ein um ein Stockwerk erhöhter Neubau der Architekten Georg Scherer und Georg Fink entstand.
Als der Akademiegründer am 15.11.1909 starb, übernahmen sein Sohn Wilhelm Schmitt (1880-1944) und sein Schwiegersohn, der Pianist Willy Hutter (1875-1960) die Leitung. Nach dem Ersten Weltkrieg brachten der Rückgang der Schülerzahlen und die Inflation die Akademie in ernste Schwierigkeiten.
Die Stadt DA übernahm die drei Konservatorien von Schmitt, Wilhelm Süß (1861-1942, Wallenstein) und Martin Vogel zum 01.10.1931 in städtische Trägerschaft. Direktoren der jetzt städtischen Akademie für Tonkunst blieben Wilhelm Schmitt und Willy Hutter. Die Schülerzahl stieg wieder von 250 bei Übernahme der Vorgängerinstitute auf etwa 900 im Jahr 1925, die Zahl der Lehrkräfte im gleichen Zeitraum von 27 auf 61. Dies lag v. a. an der Erweiterung des Studienangebots. Das Hessische Landesamt für Bildungswesen verlieh der Akademie 1931 den Charakter einer Hochschule. Besonderen Erfolg hatte die 1926 gegründete Opernschule, die eng mit dem Landestheater zusammenarbeitete. Mit regelmäßigen Opernaufführungen im Kleinen Haus und im Saalbau (Festhallen) konnten die Opernschüler das Publikum von ihren Fortschritten überzeugen. Daneben wurde 1925 die Reihe der Akademiekonzerte eingerichtet, in denen bekannte Solisten wie Richard Tauber, Claudio Arrau oder Wilhelm Kempf auftraten. Die Weltwirtschaftskrise ließ ab 1929 die Schülerzahlen jedoch rapide sinken. Das Programm musste gestrafft, Dozenten entlassen werden. Einschneidende Veränderungen brachte auch die nationalsozialistische Machtergreifung. Nach der Entlassung der Direktoren Schmitt und Hutter wurde zunächst der Komponist Hans Simon zum kommissarischen Akademieleiter ernannt, ihm folgten Otto Krebs (1934/35) und Bernd Zeh (1935 bis 1945). 1937 verlor die Akademie für Tonkunst bei gleichzeitiger Umbenennung in Hessische Landesmusikschule ihren Hochschulcharakter und war nur noch Konservatorium mit Fachschule. Außerdem sah sie sich der Konkurrenz einer am 01.06.1939 gegründeten städtischen Jugendmusikschule gegenüber, einer parteinahen, der Deutschen Arbeitsfront angegliederten Einrichtung, zu deren Aufgabe auch die musikalische Ausbildung der Mitglieder von HJ und BDM gehörte. Der Betrieb beider Musikschulen ging während des Zweiten Weltkriegs weiter, bis sie auf Verfügung des Ministers für Erziehung und Volksbildung zum 01.09.1944 ihre Pforten schließen mussten. Gebäude und Inventar beider Institute wurden in der Brandnacht 1944 ein Opfer der Stadtzerstörung.
Der Wiederaufbau der Landesmusikschule, mit deren Leitung Friedrich Noack beauftragt wurde, gestaltete sich schwierig, weil es an Räumlichkeiten, Noten und Instrumenten fehlte. Als provisorisches Domizil konnten 1949 die Gebäude der ehemaligen städtischen Frauenklinik in der Hermannstraße bezogen werden. Opernschule (geleitet 1946-53 von Fritz Mechlenburg, 1953-92 von Harro Dicks), Orchesterschule und Chorleiterkurse (geleitet von Bruno Stürmer) und Seminar für Musikerzieher (Friedrich Noack) konnten neu begründet werden. 1951, beim 100-jährigen Bestehen, standen wieder über 50 haupt- und nebenamtliche Lehrkräfte den damals nur etwa 330 Studierenden zur Verfügung. Unter der Direktion von Konrad Lechner (1953-58) und Walter Kolneder (1959-65) wurde 1953 die Jugendmusikschule wieder begründet, deren Schülerzahl nach wenigen Jahren bereits die Grenze von 1.000 erreicht hatte. Man kehrte ebenfalls 1953 zum alten Namen „Akademie für Tonkunst“ zurück. Einen weiteren Schritt zur Steigerung der Ausbildungsqualität stellte 1955 die Einführung der Meisterklassen dar, für die namhafte Dozenten gewonnen werden konnten. Mit diesem Schritt wollte die Akademie die Voraussetzungen schaffen, wieder als Hochschule anerkannt zu werden. Außerdem wurde die Vorkriegstradition öffentlicher Konzert- und Vortragsreihen wieder aufgenommen, die Opernschule trat wiederholt mit Inszenierungen an die Öffentlichkeit. Waren nach der Währungsreform noch etwa 300 Schüler in Fachschule und Konservatorium aktiv, studierten 1965 an der Fachschule 116 und 802 am Konservatorium. Hinzu kamen 954 Jugendmusikschüler, die von etwa 70 Lehrkräften unterrichtet wurden. Unter der Direktion von Werner Hoppstock (1971-91) konnte endlich das drängende Raumproblem gelöst werden. Das provisorische Domizil in der Herrmannstraße reichte bei Weitem nicht mehr aus. Fehlende Räumlichkeiten führten zu langen Wartelisten. Im Juni 1987 konnten die Akademieleitung, 150 Fachschüler, 460 am Konservatorium und fast 1.200 an der Jugendmusikschule den Neubau an der Ludwigshöhstraße beziehen. Direktor Hartmut Gerhold (1991-2004) richtete 1992 erstmals eine Saxophonklasse und eine Jazzklasse ein. Der Landeswettbewerb „Jugend musiziert“ fand seit 1988 im Neubau ein festes Domizil. Ein weiterer großer Wunsch konnte zum 150-jährigen Bestehen des Instituts erfüllt werden: die Wiedererlangung des 1937 aberkannten Hochschulcharakters. Seit 2002 konnte man an der Akademie für Tonkunst Diplomstudiengänge absolvieren und ein Hochschuldiplom erwerben. 2011 wurde die Diplomprüfung durch einen Bachelor-Studiengang ersetzt, der in Kooperation mit der Evangelischen Hochschule, der Pädagogischen Akademie Elisabethenstift und dem Schulzentrum Marienhöhe angeboten wird. Die Akademie für Tonkunst ist dadurch zur Berufsakademie aufgestiegen.
Lit.: Engels, Peter: Von der Schule für Klavierspiel zur Akademie für Tonkunst – ein Beitrag zur Geschichte der Musik und des Musikunterrichts in Darmstadt. In: 150 Jahre Akademie für Tonkunst Darmstadt, hrsg. vom Eigenbetrieb Kulturinstitute der Wissenschaftsstadt Darmstadt, Akademie für Tonkunst, Darmstadt 2001, S. 12-44.