Bereits ein Jahr nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs verwirklichte man 1946 im Jagdschloss Kranichstein bei DA die ersten „Ferienkurse für internationale neue Musik“. Auf Initiative und unter der künstlerischen Leitung des damaligen Kulturreferenten der Stadt DA, Wolfgang Steinecke, gegründet, entwickelten sich die Ferienkurse schnell zu einem der wichtigsten internationalen Foren aktueller musikalischer Strömungen. Seitdem ist die 1948 in „Internationale Ferienkurse für Neue Musik“ umbenannte Institution ein Ereignis internationalen Musiklebens, in dessen Mittelpunkt das Einstudieren, Aufführen, Hören und Diskutieren zeitgenössischer Musik steht.
Die seit 1970 als Biennale veranstalteten und heute ca. 16 Tage dauernden Ferienkurse gründen im Wesentlichen auf zwei Komponenten. Zum einen die Unterrichtskomponente – pädagogische Veranstaltungen wie Instrumental- und Kompositionskurse, theoretische Seminare, Vorlesungen und Vorträge – und zum anderen die Festivalkomponente mit zahlreichen öffentlichen Konzerten. Moderierte Komponistengespräche, Werkeinführungen und Projektreferate vermitteln zwischen beiden Komponenten. Ergänzt durch so genannte „Fensterprojekte“ – Workshops, Symposien und Projektarbeiten zu besonderen Themen – werden gezielte Einblicke, Ausblicke und Rückblicke in und auf spezielle Bereiche zeitgenössischen Komponierens ermöglicht. Die internationale Reputation der als Lehrkörper verpflichteten Künstler gewährleistet den Studenten – seit den ersten Ferienkursen im Jahr 1946 – eine über den Hochschulhorizont hinausweisende Vermittlung neuer und neuester Interpretationstechniken und Kompositionsweisen und damit auch den Blick auf eine interdisziplinär geprägte Auseinandersetzung mit Neuer Musik und ihren jeweils avanciertesten Richtungen.
Hinsichtlich dieser Ausrichtung finden Studenten in diversen Studioprojekten gemeinsam mit Komponisten, Interpreten, Dirigenten und Ensembles konzentrierteste Arbeitsbedingungen. Hierzu gehören auch die zahlreichen Studiokonzerte, deren Programme aus der Arbeit in den Kompositions- und Interpretationskursen hervorgehen und in denen jene künstlerischen Leistungen für die Prämierung mit dem Kranichsteiner Musikpreis erbracht werden können. Während der 16-tägigen Kursdauer legen somit etwa 35 Konzerte mit Interpreten und Ensembles internationaler Spitzenklasse auf höchstem Niveau eindrücklich Rechenschaft ab über die geleistete Arbeit. In der Nachfolge Wolfgang Steineckes, der die Kurse bis zu seinem Tod Ende 1961 künstlerisch und organisatorisch leitete, hatten Ernst Thomas (bis 1982), Friedrich Hommel (bis 2003), Solf Schaefer (bis 2009) und seit 2009 Thomas Schäfer die Position als Leiter der Internationalen Ferienkurse für Neue Musik und Direktor des Internationalen Musikinstituts Darmstadt (IMD) inne.
Lit.: Stephan, Rudolf / Knessl, Lothar / Tomek, Otto / Trapp, Klaus / Fox, Christopher (Hrsg.): Von Kranichstein zur Gegenwart. 50 Jahre Darmstädter Ferienkurse, Stuttgart 1996; Borio, Gianmario und Danuser, Hermann (Hrsg.): Im Zenit der Moderne. Die Internationalen Ferienkurse für Neue Musik Darmstadt 1946-1966. Geschichte und Dokumentation in vier Bänden, Freiburg 1997.