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Sturz, Helfrich Peter

Schriftsteller
* 16.06.1736 Darmstadt
† 12.11.1779 Bremen
Eigentlich hieß er Stürz, strich jedoch den Umlaut aus seinem Namen, weil er in Dänemark, dem Land in dem er sein Wirkungsfeld fand, Schwierigkeiten mit dem Umlaut hatte. Nachdem er im Darmstädter Pädagog seine Schulausbildung abgeschlossen hatte, studierte er Staatswissenschaften in Jena, Göttingen und Gießen und folgte einem Ruf des dänischen Staatsministers Johan Hartwig Ernst von Bernstorff nach Kopenhagen. Seit 1764 arbeitete Sturz im Department für auswärtige Angelegenheiten. Bernstorff war ein fortschrittlicher Politiker am dänischen Königshof, er hatte bereits 1764 die Feudallasten abgeschafft, seine Leibeigenen entlassen und verteilte ein Viertel seines Einkommens an die Armen. Er war ein Förderer der Künste, u. a. auch Friedrich Gottlieb Klopstocks, der ihm die Erstausgabe seiner Oden widmete. Sturz, Diplomat und Autor, war mit Gotthold Ephraim Lessing befreundet, korrespondierte mit Johann Heinrich Merck und Georg Christoph Lichtenberg und schrieb aufklärerische Essays.

Man kann ihn einen der Begründer des Essays in der Literatur nennen. Er verfasste Reisebriefe, als ihn der dänische König nach Frankreich und England mitnahm. Seine Prosatexte, seine literarische Weltoffenheit und die Verbindung von Realität und Dichtung ließen ihn zu einem Vorläufer der deutschen Klassik werden. Gedichte existieren wenige, überliefert ist ein Drama „Julie“. 1770 fiel Sturz im Zusammenhang mit der Struensee-Affäre bei seinem Gönner von Bernstorff in Ungnade und wurde verhaftet, jedoch wegen Unschuld wieder entlassen. Man verschaffte ihm die Position eines Staatsrats in Oldenburg. Dort fühlte er sich wie „nach Sibirien verschlagen“. Im Hannöverschen Magazin erschien „Die Reise nach dem Deister“, eine Prosahumoreske. Die „Papiere eines verstorbenen Hypochondristen“ schildern die Not seiner letzten Lebensjahre. Sturz schrieb einen glanzvollen Stil und trug dazu bei, die als plump geltende deutsche Sprache geistvoller Texte fähig zu machen. Sein Werk geriet in Vergessenheit. 1779 starb er während einer Reise in Bremen, sein Grab ist unbekannt. Das Tribunal und Carlo Mierendorff entdeckten ihn neu. Die Sturzstraße in Bessungen ist nach ihm benannt.

Lit.: Riemeck, Renate: Helfrich Peter Sturz – Auf dem Weg zur klassischen Form, Wedel 1948; Hahn, Jaikyung: Helfrich Peter Sturz (1736–1779). Der Essayist, der Künstler, der Weltmann. Leben und Werke mit einer Edition des vollständigen Briefwechsels. Dissertation Universität Stuttgart 1975, Stuttgart 1976; Fechner, Jörg Ulrich: Helfrich Peter Sturz (1736-1779), hrsg. Gesellschaft Hessischer Literaturfreunde e.V. Nr. 60, Darmstadt 1981.