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Henkel, Gärtnerei

Die Gärtnerei Henkel bestand in der Zeit von 1862 bis 1923. Sie wurde von Johann Heinrich Henkel mit bescheidenen Mitteln in Bessungen, Herdweg 53, gegründet. Bereits 1872 wurde der Firma von Großherzog Ludwig III. der Titel „Hofbouquetlieferant“ verliehen. Die Zeitschrift „Die Gartenwelt“ bezeichnete 1897 die Henkel'sche Gärtnerei als das bedeutendste Gartenbau-Etablissement des hessischen Landes und zählte sie zu den ersten Gärtnereien Süddeutschlands. In dieser Zeit war dort ein Personal von 70 bis 80 Mitarbeitern beschäftigt. Zu den Fachgebieten gehörten Landschaftsgärtnerei, Baumschulwesen, Wasserpflanzen, Blumenbinderei, Topfpflanzen-, Schnittblumen- und Staudenkulturen sowie Einführung, Züchtung und Vertrieb von Neuheiten. Die Firma war u.a. die europäische Generalvertretung für den Pflanzensammler Carl Albert Purpus (s. Purpus, J. A.) und brachte so etliche Neuentdeckungen, wie z.B. die Korktanne oder Kakteen, auf den Markt. Alljährlich präsentierte sie auf ihrer hauseigenen Chrysanthemen-Ausstellung ihre züchterischen Erfolge. Das Anwesen der Gärtnerei am Herdweg war so angelegt, daß es wie eine herrschaftliche Besitzung wirkte, da die Gewächshäuser und Mistbeete durch eine prächtige Parkanlage verdeckt wurden. Die Gewächshäuser selbst waren alle miteinander verbunden, wobei die Verbindungsgänge mit Tropfsteingruppen und Aquarien mit fremdländischen Fischen geschmückt waren.

Von den insgesamt 10 Kindern des Firmengründers waren für den Familienbetrieb vor allem die Söhne Christian, Heinrich II. und Friedrich sowie die Töchter Marie und Elisabeth Henkel von besonderer Bedeutung. Heinrich Henkel II. trat 1864 im Alter von 14 Jahren in die väterliche Handelsgärtnerei ein. Zwischen 1873 und 1875 absolvierte er zur Vertiefung seiner Fachkenntnisse mehrere Auslandsaufenthalte in Belgien, Holland und England. 1875 übernahmen Christian und Heinrich Henkel II. gemeinsam die Gärtnerei von den Eltern. Unter der Führung der Brüder entwickelte sich die Firma Henkel zur ersten Gärtnerei am Platze. 1888 trat jedoch Christian Henkel aus, um in Auerbach an der Bergstraße seine eigene Gärtnerei zu eröffnen. Die Gärtnerei Henkel wurde von nun an immer berühmter und über die deutschen Landesgrenzen hinweg bekannt. Heinrich Henkel II. wurde 1896 Hoflieferant der Königin von England und 1897 des Kaisers von Russland. Im Laufe der Jahre bekleidete er zahlreiche Ehrenämter: U.a. war er Vorsitzender der Handelsgärtner-Verbindung für DA und Umgegend, die er im Jahr 1892 selbst gegründet hatte. Weiterhin war er im Verband der Handelsgärtner Deutschlands Vertreter für das Großherzogtum Hessen sowie für Hessen-Nassau. 1898 wurde er in DA zum Stadtverordneten gewählt und war im Aufsichtsrat der Darmstädter Volksbank. Zum großen Erfolg der Firma trug auch das in der Innenstadt in der Nähe des Weißen Turms befindliche Blumengeschäft bei, das von seiner Schwester Marie Henkel geleitet wurde.

Heinrich Henkel II. verstarb 1899 nach schwerer Krankheit noch vor Vollendung seines 50. Lebensjahres, und die Fuchsienzüchtung „Andenken an Heinrich Henkel“ wurde nach ihm benannt. Er hatte noch rechtzeitig seine Geschwister Marie, Elisabeth und Friedrich Henkel zu Teilhabern bzw. Prokuristen gemacht. Daher konnte das Geschäft unter der Führung seiner Frau Lina und der drei Geschwister unverändert erfolgreich fortgeführt werden. Die Firma war in der Folgezeit auf zahlreichen Ausstellungen vertreten, wie z.B. der Weltausstellung 1900 in Paris oder der Allgemeinen Gartenbau-Ausstellung 1905 in DA. Die vielen Beiträge von und über Friedrich Henkel in den Zeitschriften „Die Gartenkunst“ und „Die Gartenwelt“ belegen, dass der nahtlose Übergang und der stetige Erfolg der Firma zu einem großen Teil seiner fachlichen Leitung als Gartenarchitekt zu verdanken war. Im Februar 1910 meldete sich Friedrich Henkel für längere Zeit zum Studium von Gärten und Gärtnerkunst nach Japan ab. Warum er im Oktober desselben Jahres von dort aus in die USA auswanderte, ist nicht bekannt.

Nach der Jahrhundertwende erfolgte der Umzug der Gärtnerei vom Herdweg auf das neue, außerhalb DAs in der Roßdörfer Str. 199 gelegene Areal „Neuwiese – Glasberg“. 1907 kam es zur Umfirmierung der Kunst- und Handelsgärtnerei „Heinrich Henkel Hofbouquetlieferant zu Darmstadt“ in die „Großgärtnerei Henkel, Gesellschaft mit beschränkter Haftung“. Dabei wurden Marie und Elisabeth Henkel abgefunden, während Lina und Gartenarchitekt Friedrich Henkel der Gesellschaft noch bis 1910 angehörten. In den Handelsregisterakten sind in den folgenden Jahren noch einige Wechsel in der Geschäftsführung verzeichnet, bevor die Firma 1923 letztendlich aufgelöst wurde. Das ursprünglich als „Abteilung A“ bezeichnete Blumengeschäft in der Innenstadt war bereits 1911 von der Großgärtnerei abgetrennt worden.

Lit.: Henkel, Friedrich u.a.: Das Buch der Nymphaeceen oder Seerosengewächse, Darmstadt 1907. Artikel zur Gärtnerei Henkel in Gartenzeitschriften um die Jahrhundertwende, insb. „Die Gartenwelt – Illustriertes Wochenblatt für den gesamten Gartenbau“ und „Die Gartenkunst – Zeitschrift für Gartenkunst und verwandte Gebiete“, sowie in „Blätter für Aquarien- und Terrarienkunde“ (vgl. https://archive.org sowie auf http://gartentexte-digital.ub.tu-berlin.de/). Zur Biografie Heinrich Henkel II.: 2011 vom Autor des Artikels veröffentlicht vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Henkel_II.#Einzelnachweise.