Der Wiederaufbau der Technischen Hochschule Darmstadt nach dem Zweiten Weltkrieg ging einher mit der Einrichtung neuer Institute und Fachrichtungen. Mitte der 1950er Jahre verfügte die Hochschule über eine Nutzfläche von 60.000 qm und hatte damit den Vorkriegsstand wieder erreicht. Das ehemalige Altstadtgelände zwischen Alexander- und Landgraf-Georg-Straße wurde mit mehreren Institutsgebäuden und Versuchshallen bebaut. Dazu gehören auch die Gebäude für das Institut für Wasserbau und Hydromechanik. Kernstück der Anlage an der Rundeturmstraße ist die 1955/56 nach einem Entwurf von Ernst Neufert errichtete Wasserbauhalle zur praktischen Versuchsdurchführung und für spezielle Untersuchungen im Bereich der Lehre und Forschung auf dem Gebiet des Wasserbaus. Neben Unterrichts-, Arbeits- und Verwaltungsräumen, die in zweigeschossigen Bauten an einer Längs- und einer Querseite der Halle untergebracht sind, ergänzt ein 15 m hoher Turm zur Unterbringung eines Hochwasserbehälters die Anlage. Die markante und gleichzeitig elegante Silhouette der Wasserbauhalle imitiert mit ihrer wellenförmigen Schalendachkonstruktion – eine Reihung von Kreiszylinderschalen – die Fließbewegung des Wassers. Die stützenfreie Halle ist 70 m lang und 25 m breit; die Spannweite wird durch Schrägstellung der Außenstützen mit auskragenden Schalenteilen im oberen Bereich auf 21,5 m verkürzt. Damit wird die Stützweite der Deckenschalen reduziert und die Transparenz der Fassade kommt voll zur Geltung. Schalen in Ortbetonausführung wie bei der Wasserbauhalle waren Mitte der 1950er Jahre eher noch die Ausnahme, da sie einen Großteil der Baukosten ausmachten. Unterstützung bei der Tragwerksplanung bekam Ernst Neufert von seinem Kollegen Alfred Mehmel, Ordinarius am Lehrstuhl für Eisenbeton und Massivbau und Fachmann auf dem Gebiet des Schalenbaus. Das Institut, die Werkstatt und der Wasserturm sind Stahlbetonskelette mit einer für die Hochschulbauten der 1950er Jahre typischen gelben Klinkerausfachung.
Mit der Verlegung des Wasserbauinstituts auf die Lichtwiese verlor Ernst Neuferts mittlerweile denkmalgeschützte Wasserbauhalle 2010 ihre ursprüngliche Bestimmung. Eine adäquate Folgenutzung übernahm die Halle mit dem Einzug der zentralen Werkstätten, die nun mit ihrem Bedarf an großen Montagebereichen und dazugehörigen Büros die vorhandenen Räume belegen. Bei der Sanierung (2009-2014) der fast vollständig im Originalzustand erhaltenen Halle wurde darauf geachtet, so viele Originalbauteile wie möglich zu erhalten. Auch die beiden Anbauten wurden mit Rücksicht auf den Bestand saniert. Der nördliche, abgesenkte Baukörper ist weiterhin direkt der Halle zugeordnet. Dort fanden im Obergeschoss die Meisterbüros mit direkter Blickbeziehung in die Halle und im Untergeschoss Räume für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Werkstatt ihren Platz. Der westliche ehemalige Institutstrakt ist nun Domizil für die Ingenieurinnen und Ingenieure des technischen Gebäudemanagements. Das äußere Erscheinungsbild des Wasserturms blieb unverändert erhalten und beherbergt in den obersten Geschossen sowie den Untergeschossen die Gebäudetechnik.
Lit.: Wiederaufbau und Neubau der TH Darmstadt. In: baukunst und werkform, 2. Heft 1958, Jahrgang XI, S. 68-88; Niederwöhrmeier, Julius: Material und Konstruktion in der Darmstädter Architektur der fünfziger Jahre. In: Architektur der fünfziger Jahre. Die Darmstädter Meisterbauten. Katalog, hrsg. von Michael Bender und Roland May, Stuttgart 1998, S. 222-227; Denkmalschutz in Darmstadt, Heft 11, Die Technische Universität Darmstadt. Eine Baugeschichte, Wissenschaftsstadt Darmstadt, Kulturamt – Denkmalschutz in Zusammenarbeit mit der TU Darmstadt, Darmstadt 2007, S. 52f.; Zehn Jahre Bauautonomie Technische Universität Darmstadt, Technische Universität Darmstadt (Hrsg.), Darmstadt 2015, S. 56f.