Der Oktroi (franz. „octroi“: Bewilligung, Verleihung) ist eine direkte städtische Steuer für eingeführte Waren, seit dem 13. Jahrhundert vor allem in Frankreich üblich. Von dort wurde der Name übernommen, in Preußen war die Abgabe als „Akzise“ bekannt. Mit Verordnung vom 10.10.1823 wurde der Stadt DA zur Verbesserung ihrer finanziellen Situation die Erhebung des Oktroi, einer Verbrauchssteuer auf Holz, gemahlenes oder geschrotetes Getreide, Wein, Branntwein und Bier, genehmigt, die beim Eintritt in die Stadt von den Torschreibern erhoben wurde. Mit dem erneuerten Oktroi-Reglement von 1832 wurde der Oktroi auch auf Schlachtvieh, Wild, Backwaren, Kohle und Hülsenfrüchte erhoben. Weitere Verordnungen für den Oktroi wurden am 15.12.1874 und am 30.11.1903 erlassen. Der Oktroi machte im 19. Jahrhundert ungefähr ein Fünftel der städtischen Einnahmen aus. 1830 waren dies ca. 31.000 Gulden, 1853 bereits 88.600 Gulden. Zu dieser Zeit beschäftigte die Stadt zusätzlich zu den Torschreibern weitere zehn Oktroi-Aufseher. 1885 mussten z. B. für eine Kuh 12 Mark und ein Pferd 6 Mark, für 100 Liter Wein 2,15 Mark, für 100 Liter Bier 80 Pfennig und für 5 Kilogramm Brot 6 Pfennig entrichtet werden. Mit dem weiteren Ausbau DAs und der Eingemeindung Bessungens musste die Oktroi -Linie weiter nach außen verschoben werden. Erheberstellen gab es an allen Ausfallstraßen. Für die Erheber wurden eine Reihe identischer Wohn- und Zollhäuschen errichtet. Eines dieser Oktroi-Häuschen, erbaut nach 1870, hat sich an der Kranichsteiner Straße 60 erhalten. Am 01.04.1910 wurde der Oktroi auf Schlachtvieh, Mehl- und Backwaren, Hülsenfrüchte und Fleisch aufgehoben, die endgültige Aufhebung erfolgte erst am 08.08.1929.
Lit.: Darmstadts Geschichte. Fürstenresidenz und Bürgerstadt im Wandel der Jahrhunderte, von Friedrich Battenberg, Jürgen Rainer Wolf, Eckhart G. Franz, Fritz Deppert. Gesamtredaktion: Eckhart G. Franz, Darmstadt 1980, 2. Aufl. 1984, S. 316f.; Möbus, Walter: Bessunger Lesebuch, Darmstadt 1987, S. 203f.; Möbus, Walter: Bessunger Geschichten, Darmstadt 1993, S. 127-130; Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Hessen. Stadt Darmstadt. Hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen in Zusammenarbeit mit dem Magistrat der Stadt Darmstadt – Denkmalschutzbehörde – Braunschweig, Wiesbaden 1994, S. 248.