Politiker, Verleger
* 12.02.1898 Frankfurt/Main
† 11.09.1982 Gundernhausen
Johann Fladungs Vater war Steinbildhauer, Sozialdemokrat und Gewerkschaftsmitglied. Fladung absolvierte eine Lehre als Kunstschmied, wurde 1913 Mitglied in der Arbeiterjugend und schloss sich 1916 der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei (USPD) an. Von 1916 bis 1918 kämpfte er als Soldat an der Westfront in Flandern, wo er auch verwundet wurde. Nach dem Ende des Krieges wurde er 1921 Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), war von 1924 bis 1933 Mitglied des preußischen Landtags und von 1928 bis 1933 Stadtverordneter in Düsseldorf. 1933 wurde er verhaftet und im Berliner Columbiahaus schwer misshandelt, was zu lebenslangen gesundheitlichen Schäden führte. Der Volksgerichtshof verurteilte ihn 1934 zu 2½ Jahren Zuchthaus. 1936 wurde er entlassen und emigrierte 1938 in die Schweiz. Von dort gelangte er über Paris nach Großbritannien. Hier verbrachte er zunächst fünf Wochen im Krankenhaus, doch sein schweres Nervenleiden konnte nicht erfolgreich behandelt werden. Er war Gründungsmitglied des Freien Deutschen Kulturbundes (FDKB), zunächst dessen Sekretär und danach sein Vorsitzender. Obwohl er als linientreuer Kommunist galt, verfügte er offenbar über einige integrative Fähigkeiten, die ihn für den Vorsitz des FDKB prädestinierten. Trotz der ideologischen Differenzen zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten entfaltete der Kulturbund, dessen Mitgliederzahl schnell die Tausend überschritt, in Großbritannien eine rege antifaschistische und vor allem kulturelle Aktivität, z.B. durch die Herausgabe der Zeitschrift Freie Deutsche Kultur.
Fladung kehrte im Oktober 1946 nach Düsseldorf zurück. 1951 wurde er Bundessekretär des nach DDR-Vorbild gegründeten Demokratischen Kulturbunds Deutschland (DKBD). Schon ein Jahr zuvor hatte Fladung den Progress-Verlag gegründet. Hier wurden – mit finanzieller Unterstützung aus der DDR –vor allem Klassiker und die Werke bekannter Autorinnen und Autoren publiziert, z.B. Martin Andersen Nexö, Honoré de Balzac, Ernst Bloch, Charles Dickens, Denis Diderot, Maxim Gorki, Heinrich Heine, Irmgard Keun, Heinrich Mann, Hans Mayer, Michail Scholochow, William Thackeray, Mark Twain und Claire Waldoff. Seinen größten Verkaufserfolg erzielte der Verlag mit dem Briefwechsel zwischen dem indischen Premierminister Jawaharlal Nehru und seiner Tochter Indira.
Nachdem am 17. August 1956 in der Bundesrepublik die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) verboten worden war, gerieten Fladung und sein Verlag in Nordrhein-Westfalen politisch unter Druck. Mit der Hilfe des sozialdemokratischen hessischen Generalstaatsanwalts Fritz Bauer, den er aus dem englischen Exil kannte, siedelte er deshalb in das liberalere Bundesland Hessen, nach Darmstadt, um. Die Firmenadresse war zunächst in der Rheinstraße, später in der Wilhelm-Leuschner-Straße in Griesheim. Fladung wohnte mit seiner Frau Klara in Gundernhausen. 1964 klagte ihn die Staatsanwaltschaft Düsseldorf zusammen mit seiner Frau und einer Mitarbeiterin wegen „Staatsgefährdung" an. Der Prozess vor dem Landgericht Düsseldorf begann am 13. Januar 1964. Zahlreiche Persönlichkeiten aus dem In-und Ausland (v.a. Großbritannien) protestierten gegen diesen Prozess. In der DDR bildete sich ein Solidaritätskomitee, dem u.a. die Schriftstellerin Anna Seghers angehörte, die Fladung aus der Zeit des Exils kannte. Das Darmstädter Tagblatt sprach von einem „politisch (…) recht fragwürdige(n) Prozeß", der „von den meisten Beteiligten mit einer gewissen Peinlichkeit empfunden wird." Der Prozess war zuende, noch ehe er richtig begonnen hatte, wegen seines Gesundheitszustandes wurde Fladung für „verhandlungsunfähig« erklärt. Der Progress-Verlag existierte bis 1972. Seine Erinnerungen mit dem Titel „Erfahrungen" konnte Fladung nicht mehr beenden, der erste Teil erschien im Jahr 1986. Die Trauerfeier für ihn fand auf dem Waldfriedhof in Darmstadt statt.
Lit.: Fladung, Hans: Erfahrungen. Vom Kaiserreich zur Bundesrepublik, Frankfurt/Main 1986; Ohl, Hans-Willi: „Sympathie und Verbundenheit". Wie sich die Lebenswege von Johann Fladung und Anna Seghers mehrfach kreuzten, in: Argonautenschiff 30/2022, S. 116-127.