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Wohmann, Gabriele

Schriftstellerin
* 21.05.1932 Darmstadt
† 22.06.2015 Darmstadt
Gabriele Wohmann stammte aus der Darmstädter Pfarrerfamilie Guyot, ihr Vater war Direktor des Hessischen Diakonievereins. Im geräumigen Pfarrhaus mit seinem Garten lebte die Großfamilie in einem kultivierten, aber ab 1933 bedrohten Privatreich. Die Tochter Gabriele, drittes von vier Kindern, besuchte das Mädchengymnasium Viktoriaschule und im letzten Gymnasialjahr das Nordsee-Pädagogium auf Langeoog, studierte in Frankfurt/M. Sprachen und Musik ohne Abschluss und unterrichtete danach für einige Zeit auf Langeoog und in DA. Insgesamt blieb sie im Elternhaus wohnen, nach 1953 zusammen mit Ehemann Reiner Wohmann (Sohn von Hans Walter Wohmann), und dies bis zum Umzug 1966 in eines der städtischen Atelierhäuser auf der Rosenhöhe.

In ihren ersten schriftstellerischen Arbeiten eröffnet sich die junge Ehefrau eine nach innen gewandte Problemwelt. Noch unter ihrem Mädchennamen Guyot erschien 1958 die erste Buchveröffentlichung „Mit einem Messer Zwei Erzählungen“ in der Eremiten-Presse Stierstadt, ihr folgte eine Reihe ambitionierter und verstörender Erzählungen und Romane, nun unter dem Namen Gabriele Wohmann und im Luchterhand Verlag. Nach dem Klinikbericht „Entziehung“, einem Fernsehfilm mit G. W. in der Hauptrolle (1973, Buch 1974), änderte sich ihre Außenseiterrolle in der Literatur. Der Erziehungsroman „Paulinchen war allein zu Haus“ im selben Jahr wurde zu einem vieldiskutierten Erfolg beim Publikum, die dreibändige Taschenbuchausgabe „Gesammelte Erzählungen aus dreißig Jahren“ von 1986 umfasste bereits 600 Seiten, dazu kamen Kritiken, Theaterstücke („Wanda Lords Gespenster“) sowie Hörspiele und Fernsehfilme in wachsender Zahl, auch Gedichte. Durch Verfilmungen, Hörbücher, wiederholte Lesereisen und Reisen ins Ausland wurde der Name der Autorin immer bekannter, Übersetzungen in alle Kultursprachen und Lizenzausgaben in der DDR setzten das über die Landesgrenzen hinaus fort. (Mit Christa Wolf war sie befreundet.) Zunehmend beschäftigten sich Kritiker und Literaturwissenschaftler mit der Schriftstellerin, die nach experimentellen Anfängen bald zur medienversierten Analytikerin von Alltagsbeziehungen und zur kritischen Chronistin des Lebens in der Bundesrepublik geworden war. 1993 erschien ihr eher versöhnlicher Roman „Bitte nicht sterben“. Ihr 80. Geburtstag 2012 vollzog sich als ein Medienereignis, der Erzählungsband „Eine souveräne Frau“ erschien damals im Aufbau Verlag.
Die Zahl der Auszeichnungen von Gabriele Wohmann ist beträchtlich, sie wurde Mitglied von Gremien und Akademien, 1980 auch der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in DA. Ihr persönlichstes Zeugnis über die Geburtsstadt heißt „Darmstadt: Unterwegs gehöre ich nach Haus“ (Eulen Verlag 1986, Fotoband in Zusammenarbeit mit dem ZDF). Gabriele und Reiner Wohmann sind auf dem alten Bessunger Friedhof begraben, seit 2017 gibt es in DA einen Gabriele-Wohmann-Weg.

Lit.: Gabriele Wohmann: Auskunft für Leser. Hg. Klaus Siblewski, Darmstadt, Neuwied 1982; Hans Altenhein: Projekt Menschenkenntnis, in: Darmstädter Echo 19.05.2012; Scheidgen, Ilka: Gabriele Wohmann. Meisterin der Kurzgeschichte, Norderstedt 2017.