Stadtlexikon Darmstadt

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Wagner, Paul

Chemiker
* 07.03.1843 Liebenau bei Hannover
† 25.08.1930 Darmstadt
Aufgewachsen als Sohn eines Apothekers in Mölln, Herzogtum Lauenburg, studierte Paul Wagner in Erlangen und Göttingen Naturwissenschaften und Chemie, wo er 1869 auch seine Dissertation zum Thema „Vegetationsversuche über die Stickstoffernährung der Pflanzen“ verfasste. Nach kurzer Tätigkeit als Assistent am Agrikulturtechnischen Institut in Göttingen übernahm er 1872 die Leitung der im April 1871 von den landwirtschaftlichen Vereinen Hessens und der Regierung gegründeten „Landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Kontrollstation Darmstadt“, die in drei kleinen Räumen einer ehemaligen Schlosserei in der heutigen Adelungstraße untergebracht war. An Vorstellungen Justus von Liebigs geschult, verstand Wagner die landwirtschaftliche Chemie als Wissenschaft vom Pflanzenhaushalt, zu der wesentlich die Düngung beiträgt. 1877 konnte die Anstalt in ein eigenes Haus in der Kahlertstraße ziehen, wo Düngungsversuche auf kleinen Parzellen und Vegetationsversuche in Zementkästen möglich waren. 1885 bezog die „Landwirtschaftliche Versuchsstation Darmstadt“ ein neues, nach Plänen von Wagner gebautes Gebäude mit großen Freiflächen in der Rheinstraße 91.

Mit seinen Versuchen und Erkenntnissen zur Düngung wurde Wagner nach Liebig zum zweiten Pionier der chemischen Felddüngung und trug wesentlich zur Entwicklung der Düngemittelindustrie bei. Ab 1877 publizierte Wagner Aufsehen erregende Arbeiten über Chile-Salpeter und Thomasschlacke (Abfallprodukt der Stahlerzeugung) als Dünger und die Ertragssteigerung durch Stickstoffdüngung, was der Versuchsanstalt internationale Anerkennung brachte. 1881 verlieh der Großherzog Paul Wagner den Professorentitel, 1890 wurde er zum Mitglied der königlichen Akademie in Schweden ernannt, 1910 zeichnete ihn die TH Darmstadt durch die Ernennung zum Dr. Ing. h. c. aus und die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft Berlin verlieh ihm die Max-von-Eyth-Gedächtnismedaille. Auch nach seiner Pensionierung 1923 war Wagner publizistisch tätig. Die Paul-Wagner-Straße erinnert in DA an ihn. Die im Zweiten Weltkrieg zerstörten Gebäude an der Rheinstraße 91 wurden bis 1957 für die Landwirtschaftliche Versuchsanstalt neu errichtet, wo neben den Dünger-, Futtermittel- und Endproduktuntersuchungen seit den 1960er Jahren auch verstärkt Untersuchungen zu Themen wie Pflanzenschutzmittel und ihre Rückstände sowie Umweltprobleme durchgeführt wurden. Im Neubau mit dem Namen „Haus der Landwirtschaft – Paul Wagner“, fanden auch die seit 1866 in DA bestehende Landwirtschaftsschule (Fachschule), das Tierzuchtamt und das Hessische Amt für Landwirtschaft und Landesentwicklung Aufnahme.

Lit.: Schmitt, Ludwig: Wenn die Ährenfelder rauschen. Paul Wagners Forscherleben für die Landwirtschaft, Frankfurt/Main 1957.