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Kogon, Eugen

Politikwissenschaftler, Soziologe
* 02.02.1903 München
† 24.12.1987 Falkenstein/heute Königstein im Taunus
Der bereits in seiner Jugend als Pazifist engagierte Eugen Kogon studierte Wirtschaftswissenschaften und Soziologie an den Universitäten München, Florenz und Wien, wo er mit einer Arbeit über den italienischen Faschismus zum Dr. rer. pol. promoviert wurde. In der kath. Tradition wurzelnd, arbeitete er ab 1928 als Redakteur kath. Zeitschriften und Berater christlicher Gewerkschaften in Wien. Eine Tätigkeit als privater Vermögensverwalter von 1934 bis 1938 ermöglichte ihm internationale Aktivitäten gegen den Nationalsozialismus, bewahrte ihn aber nicht vor insgesamt sieben Jahren Haft in Gestapo-Gefängnissen und im KZ Buchenwald.

Unmittelbar nach der Befreiung 1945 war Eugen Kogon Berater der Alliierten und Mitinitiator der CDU-Gründung. Mit Walter Dirks gründete und leitete er über Jahrzehnte die „Frankfurter Hefte“, deren streitbare Beiträge die gesellschaftliche Entwicklung der jungen Bundesrepublik kritisch begleiteten. Von 1948 bis 1953 war Kogon führend in der Europäischen Bewegung tätig. Lehrstühle für Wissenschaftliche Politik wurden nach dem Zweiten Weltkrieg in Frankfurt/Main, Marburg und DA eingerichtet. Die TH Darmstadt berief Kogon 1951 auf diesen Lehrstuhl, den sein 1947 erschienenes Buch „Der SS-Staat“ weit über Deutschlands Grenzen bekannt gemacht hatte.

Für Kogon war der Ruf an eine Technische Hochschule mit der Hoffnung auf eine geringere Arbeitsbelastung verbunden. Neben seiner akademischen Tätigkeit wirkte er stets mit großem Engagement publizistisch als gefragter Diskussionsteilnehmer und Vortragender u. a. in Hörfunk und Fernsehen sowie als Moderator des kritischen Magazins „Panorama“. Diese Aktivitäten gab er zum Ärger der Leiterin der Hochschulabteilung im Ministerium für Erziehung und Volksbildung Helene von Bila auch neben seiner Lehrtätigkeit nicht auf.

Als Hochschullehrer bemühte er sich um den Brückenschlag zwischen den Ingenieur- und den Geistes- und Sozialwissenschaften. 1976 erschien seine umfassende Untersuchung „Die Stunde der Ingenieure“, die das Selbstverständnis und die Aufgaben der Ingenieure in der demokratischen Gesellschaft analysiert. Aus der Erkenntnis heraus, dass die gesellschaftlichen Folgen technischer Entwicklungen nicht nur in das akademische Ausbildungskonzept einzubeziehen sind, sondern ihren Platz auch in der beruflichen Ausbildung finden müssen, setzte sich Kogon nachdrücklich für die Ausbildung der Gewerbelehrer an der TH Darmstadt ein. Diese Bemühungen wurden erfolgreich abgeschlossen mit der Überführung der Ausbildung vom „Berufspädagogischen Institut“ in Frankfurt an die TH Darmstadt im Studienjahr 1963/64. 1960 konzipierte und leitete er das Darmstädter Gespräch „Der Mensch und seine Meinung“.

Geehrt für seine Verdienste wurde Kogon 1960 mit der Johann-Heinrich-Merck-Ehrung der Stadt DA, 1968 mit der Wilhelm-Leuschner-Medaille des Landes Hessen, 1980 mit der Buber-Rosenzweig-Medaille, 1982 mit dem Hessischen Kulturpreis und 1985 mit dem Preis der Internationalen Liga gegen Rassismus und Antisemitismus. Seit 2013 erinnert die Eugen-Kogon-Straße an der Lichtwiese (Technische Universität, Standort Lichtwiese) an ihn.

Lit.: Das Maß aller Dinge. Zu Eugen Kogons Begriff der Humanität. TUD-Schriftenreihe Wissenschaft und Technik, Bd. 81, Darmstadt 2001; Schmidt, Isabel: Nach dem Nationalsozialismus. Die TH Darmstadt zwischen Vergangenheitspolitik und Zukunftsmanagement (1945-1960), Darmstadt 2015.