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Knabenarbeitsanstalt

Aufgrund von Klagen über den „Anblick einer sehr verwilderten Jugend der untersten Stände“ entstanden zu Beginn des 19. Jahrhunderts Einrichtungen, um Kinder und Jugendliche in ihrer schulfreien Zeit zu beschäftigen und zu erziehen. Als Großherzog Ludewig I. im Juli 1827 Goldene Hochzeit feierte, verfügte er, dass das Geld, welches für Festlichkeiten bestimmt war, einem wohltätigen Zweck zugute kam. So gründete ein „Kreis wohlgesinnter Männer und Frauen“ im selben Jahr die „Privat-Mädchen-Arbeitsanstalt“. Am 03.03.1828 wurde auf Betreiben des Geheimen Regierungsrats Beck die Knabenarbeitsanstalt an der Ostseite des heutigen Mercksplatzes eröffnet. Der Zweck der Anstalt war „die männliche Jugend solcher armen Ältern, welche nicht im Stande sind, ihren Kindern, Verwandten oder Pfleglingen die für deren Stand und künftige Bestimmung nöthige Bildung und Vorsorge selbst ganz zu geben, in den Freistunden von ihren gewöhnlichen öffentlichen Schulen durch täglichen mehrstündigen Unterricht und Aufsicht, an Fleiß und nützliche Thätigkeit, an Ordnung und Reinlichkeit, an Gehorsam und gute Sitten zu gewöhnen, und sie dadurch zu rechtschaffenen Menschen und nützlichen Mitgliedern der bürgerlichen Gesellschaft bilden zu helfen“.

Es wurden Knaben zwischen 6 und 14 Jahren aufgenommen, die unter der Aufsicht von Pädagogen im Sommer vorwiegend mit Garten- und Feldarbeiten, im Winter mit handwerklichen Tätigkeiten beschäftigt wurden. Jedem Jungen wurde für jeden Tag Anwesenheit in der Anstalt ein Kreuzer gutgeschrieben. Bei der Konfirmation, die den Einstieg in die Lehre markierte, übergab man die aufgelaufene Summe den Eltern. Die Knabenarbeitsanstalt wurde vorwiegend durch private Gelder finanziert. Besonders hilfreich waren die Vermächtnisse von Albertine Frank im Jahr 1859 in Höhe von 92.000 Gulden und von Emilie Dannenberg im Jahr 1897 in Höhe von 30.000 Mark.

Die Anstalt besaß ein ausgedehntes Gelände zwischen der Stadt und dem Großen Woog. Ende der 1890er Jahre wurde die Knabenarbeitsanstalt als Zweckvermögen mit einem beachtlichen Besitz an Grundeigentum und Wertpapieren auf die Stadt DA übertragen. Infolge des Ersten Weltkriegs und der Geldentwertung ging das Vermögen fast ganz verloren und auch die Zahl der Schüler sank. In den Räumen des Hauptgebäudes wurde nun die „Garten-Arbeitsschule“, eine allgemeine Volksschule für Knaben eingerichtet, die neben dem normalen Schulbetrieb den Schülern durch einen großen Garten, das Arbeiten in der Natur und besonders im Gartenbau nahe bringen wollte. 1944 wurde das Schulgebäude zerstört.