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Trier, Möbelfabrikanten

Der in Frankfurt/Main geborene Baruch Trier war um 1750 als Synagogendiener und „Schulklepper“ der Jüdischen Gemeinde nach DA gekommen (Juden in DA, Synagogen). Seine beiden Söhne nutzten die Möglichkeiten der napoleonischen Zeit, um sich als erfolgreiche Geschäftsleute zu etablieren. Der ältere, Jakob Trier (1768-1837), gründete mit seinem Sohn eine Eisen- und Metallwarenhandlung in der Großen Ochsengasse (später Gebrüder Trier oder „Eisen-Trier“ in der Rheinstraße, Eisen-Rieg). Der jüngere Bruder Lehmann Trier (1770-1846) wurde Stammvater der „Möbel-Triers“. Seine Söhne Baruch (1807-1890) und Joseph (1816-1865) waren bereits angesehene Hofmöbelhändler. Erfolgreicher als die 1908 aufgegebene Hofmöbelhandlung und Polsterwarenfabrik B. L. T. in der Ludwigstraße wurde die von Joseph Triers Söhnen Louis (1849-1918) und Eugen (1854-1917) ausgebaute Hofmöbelfabrik in der Wilhelminenstraße. Der schon 1873 nach England gegangene jüngere Bruder Stephan gründete eine Partner-Firma in London, die neben dem Export der eigenen Produkte auch die Einfuhr der neuen „Arts and Crafts“-Stilmöbel organisierte. Seit 1899 war die Firma Joseph Trier Darmstadt Alleinvertreter der „Bath Cabinet Makers Company“ für Deutschland. Man belieferte neben dem Großherzogshaus auch die verwandten Höfe in St. Petersburg, Den Haag und Coburg, war stolz auf die Besuche Queen Victorias und der Zarenfamilie. Die 1905 zum 50-jährigen Bestehen der Firma Trier gedruckte Festschrift sah die Fabrik „an der Spitze“ der „modernen Kunstrichtung“, die in Deutschland Jugendstil, in Frankreich „Art Nouveau“ genannt wurde. In der großen Landesausstellung 1908 wurden auf der Mathildenhöhe zwei von Albin Müller für die Trier’sche Fabrik entworfene Zimmer präsentiert; auf der Folge-Ausstellung 1914 war eines der Mietwohnungshäuser am Olbrichweg von den Triers möbliert. Beide Trier-Brüder führten inzwischen den Titel Kommerzienrat; Louis war Vorstandsmitglied der Nationalliberalen Partei, Eugen im Vorstand der Handelskammer. Im Gegensatz zu den anderen Darmstädter Möbelfabriken, die sich vom Einbruch des Ersten Weltkriegs nicht mehr erholten, konnten der kurz vor dem Krieg nach einer Ausbildung in England in die Firma eingetretene Ernst Trier (1886-1938) und sein etwas jüngerer Vetter Walter (1891-1952) die Fabrik erfolgreich weiterführen. 1921 erschien eine der Firma Trier gewidmete Sondernummer der Zeitschrift „Innendekoration“. So wie die Väter zu Jahrhundertbeginn Mitbegründer der „Starkenburg-Loge“ (Logen) waren, zählten Ernst und Walter Trier 1931 zu den Gründungsmitgliedern des Rotary-Clubs DA. Während Walter 1936 nach England emigrierte, suchte Ernst das Familienerbe auch gegen die NS-Schikanen zu erhalten. Noch 1937 konnte die Fabrik mit einer „Gefolgschaft“ von zuletzt 145 Mitarbeitern über 4.000 Möbelstücke absetzen. Als sich Ernst Trier 1938 dann doch zum Verkauf entschloss, wurde er wegen angeblicher Devisenvergehen verhaftet und in den Selbstmord getrieben. Seine Grabstätte befindet sich auf dem Jüdischen Friedhof in DA.

Im Jahr 2012 wurde in der Heinrichstraße 43 ein Stolperstein (Mahnmale) für ihn verlegt. An seine Schwägerin Marie erinnert seit 2003 die Marie-Trier-Straße in der Heimstättensiedlung. Im Jahr 2009 wurden für sie und für ihre Tochter Anneliese in der Eichbergstraße 28 Stolpersteine verlegt.

Lit.: Franz, Eckhart G. (Hrsg.): Juden als Darmstädter Bürger, Darmstadt 1984, S. 282-289.