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Schulzahnklinik

Auf Initiative des Zahnarztes Otto Köhler wurde am 30.11.1902 in der Luisenstraße 20 die zweite städtische Schulzahnklinik in Deutschland zur Früherkennung und Behandlung folgenschwerer Zahnerkrankungen bei Schulkindern gegründet. Die erste Schulzahnklinik hatte am 15.10.1902 in Straßburg ihre Tätigkeit aufgenommen. Fünf Jahre später gab es ähnliche Einrichtungen bereits in zwölf weiteren Städten. Das Ziel war, Schulkinder aus finanziell schwachen Familien kostenfrei zu behandeln und über die Bedeutung des Zähneputzens zu unterrichten –  nur 2 Prozent der Schulkinder wiesen gesunde Zähne auf. Die Schulzahnklinik, die aus Spenden und städtischen Geldern finanziert wurde, umfasste sechs Räume, darunter zwei Operationszimmer. 1903 arbeiteten bereits zwei Zahnärzte ehrenamtlich, im Dezember 1907 wurde der erste Arzt fest eingestellt. Seit 1908 waren die Untersuchungen auf Erstklässler beschränkt. Allerdings versorgte die Schulzahnklinik auch das Ohlystift, damals Heim für schwer erziehbare Kinder. 1912 zog die Klinik in die ehemaligen Räume der Hilfsschule in der Waldstraße 21 (heute Adelungstraße) um. Der Klinikgründer Otto Köhler, 1927 zum Stadtmedizinalrat ernannt, leitete die Schulzahnklinik ehrenamtlich bis 1932. Über 15 Jahre hatte er zuvor Kinder unentgeltlich in seiner Praxis behandelt. Sein Nachfolger war Schulzahnarzt Georg Jahn. Bis Juni 1932 unterstand die Schulzahnklinik dem Stadtschulamt, kam vorübergehend zum Hauptverwaltungsamt und wurde dann dem städtischen Wohlfahrts- und Jugendamt angegliedert. 1937 folgte vermutlich die Auflösung der Klinik.

Nach Kriegsende richtete man 1948 drei Räume für die Schulzahnklinik in den Städtischen Krankenanstalten in der Bismarckstraße ein (Klinikum DA), wo Schulzahnarzt H. J. Linck die Arbeit in Angliederung an das Sozialamt der Stadt DA mit Reihenuntersuchungen in Volks- und Höheren Schulen wieder aufnahm. 1950 fand die Klinik im Gebäude des DRK in der Bessunger Straße eine größere Bleibe und dehnte die Untersuchungen auf Kindergartenkinder aus. Der Verwaltungsverband für das Gesundheitsamt übernahm 1954 die Schulzahnklinik, die ihre Tätigkeit nun auch im Landkreis ausübte. Seit 1966 ist die Klinik mit sieben Räumen im Neubau des Gesundheitsamts in der Niersteiner Straße untergebracht. Auch wenn der Schwerpunkt der Klinik auf Vorbeugung liegt, gehört ebenfalls das Erstellen von Gutachten für Sozialhilfeempfänger und Beihilfebezieher zu ihren Aufgaben. Wie wichtig die Arbeit der Schulzahnklinik ist, konnte man 1977 daran erkennen, dass nur 10 Prozent der Schulkinder tatsächlich gesunde Zähne hatten. 2002 untersuchten 4 Mitarbeiter 18.000 Kinder in Stadt und Landkreis, unterstützt vom Arbeitskreis „Kinderzahnpflege“, dessen Mitarbeiter die drei- bis sechsjährigen Kindergartenkinder in ihren Einrichtungen besuchen. Heute findet die Schulzahnklinik ihre Fortführung im Kinder- und Jugendzahnärztlichen Dienst, der 2013 mit zwei Zahnärzten und drei Helferinnen Reihenuntersuchungen an Grundschulen durchführt und sich die Gruppenprophylaxe zur Aufgabe gemacht hat.

Lit.: Köhler, Otto: Eröffnungsfeier der zahnärztlichen Poliklinik für Volksschulkinder des Vereins hessischer Zahnärzte zu Darmstadt, Berlin [1903]; Mönnich, Juliane:Mundgesundheit und Gruppenprophylaxe bei Kindern und Jugendlichen, Dissertation Jena 2002; Römer, Friedrich: Die deutsche Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde, Hamburg 2004; Groß, Dominik: Beiträge zur Geschichte und Ethik der Zahnheilkunde, Würzburg 2006.