Stadtlexikon Darmstadt

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Steinecke, Wolfgang

Musikwissenschaftler und -kritiker
* 22.04.1910 Essen
23.12.1961 Darmstadt
Nach dem Besuch des Gymnasiums in seiner Vaterstadt studierte Wolfgang Steinecke 1928 bis 1934 Musikwissenschaft, Kunstgeschichte, Theater- und Literaturwissenschaft in Köln und Kiel und war nebenher als Regieschüler und Assistent an den Städtischen Bühnen Kiel tätig. 1934 promovierte er mit einer Arbeit über „Das Parodieverfahren in der Musik“. Danach arbeitete Steinecke bis 1939 als Musik- und Theaterkritiker bei der „Rheinisch-Westfälischen Zeitung“ in Essen, ließ sich anschließend in DA nieder, um von hier aus als Kunstschriftleiter für Südwestdeutschland für die Düsseldorfer Theaterzeitung „Der Mittag“ zu arbeiten, daneben auch als Korrespondent für mehrere überregionale Tageszeitungen. Diese Tätigkeit endete abrupt durch die Schließung der deutschen Theater und der Redaktion des „Mittag“ am 01.09.1944.
Steinecke, der dem NS-Regime aufgeschlossen gegenüber stand und auch Beziehungen zu zahlreichen einflussreichen Musikern und Musikwissenschaftlern in der Zeit des Nationalsozialismus pflegte, bewarb sich im Juni 1945 bei der Stadtverwaltung DA um eine Stelle in der neu zu gründenden Kulturverwaltung, war von 1945 bis 1948 Kulturreferent, baute die gesamte Kulturverwaltung mit Stadtbibliothek, Akademie für Tonkunst und Volkshochschule wieder auf, begründete Konzertreihen wie die städtische Kammermusikreihe und veranstaltete die ersten Kunstausstellungen. Seine bedeutendste Leistung bestand in der Gründung der Internationalen Ferienkurse für Neue Musik und des Kranichsteiner Musikinstituts, des Vorgängers des heutigen Internationalen Musikinstituts. Ab 1950 war Steinecke ausschließlich für die Ferienkurse und das Musikinstitut zuständig. Ihm gelang es, durch sein Organisationstalent und seine Begeisterungsfähigkeit nicht nur, in der unmittelbaren Nachkriegszeit ein so umfangreiches Projekt zu begründen, sondern fast alle großen Komponisten der Neuen Musik nach DA zu holen. Daneben war Steinecke weiterhin als Musikkritiker für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften tätig, war Schriftführer der Deutschen Sektion der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik und Träger der Schönberg-Medaille. Sein Wirken für die neue Musik in DA endete abrupt durch einen Verkehrsunfall; Steinecke starb an den dabei erlittenen Verletzungen. Seit 1975 erinnert der Steineckeweg in Kranichstein an ihn. Seine Grabstätte auf dem Alten Friedhof ist städtisches Ehrengrab. Steineckes Nachlass wird im Stadtarchiv DA aufbewahrt.

Lit.: Gerberding, Elke: Kultureller Wiederaufbau. Darmstädter Kulturpolitik in der Nachkriegszeit 1945-1949, Darmstadt 1996 (Darmstädter Schriften 69); Custodis, Michael: Traditionen Koalitionen Visionen. Wolfgang Steinecke und die Internationalen Ferienkurse in Darmstadt, Saarbrücken 2010; Michael Custodis: Westliche Kontinuität. Musikwissenschaftliche Expertennetzwerke vor und nach 1945. In: Österreichische Musikzeitschrift, Jg. 67, 2012, Heft 4, S. 41-47; Darmstädter Ehrengräber, Darmstadt 2016 (Darmstädter Schriften 105), S. 238-240.