Stadtlexikon Darmstadt

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Marienschwesternschaft, Ev.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs entstand in einem bereits 1935/36 gegründeten Darmstädter Mädchenbibelkreis, ausgelöst durch die Schrecken des Kriegs und der Stadtzerstörung (Brandnacht), eine Erweckungs- und Bußbewegung, die am 30.03.1947 zur Gründung der Marienschwesternschaft unter Leitung von Klara Schlink (Mutter Basilea, 1904-2001) und Erika Madauss (Mutter Martyria, 1904-1999) in Schlinks Wohnhaus im Hölderlinweg führte. Es handelte sich um eine der ersten ev. Kommunitäten – Gemeinschaften von Menschen, die ihr ganzes Leben der Liebe zu Gott und Jesus Christus zur Verfügung stellen, vergleichbar der Bruderschaft in Taizé in Südfrankreich. Mittelpunkt dieser in Deutschland wohl am stärksten monastischen Traditionen verpflichteten Kommunität ist das spirituelle Leben in Gottesdienst, Bibelstudium, Meditation und Gebet. Auch Lebens- und Gütergemeinschaft, Annahme der Autorität der Oberen, Ehelosigkeit sowie die Prägung durch die Gemeinschaft sind wichtige Kennzeichen der Marienschwestern. Im Mittelpunkt ihres Lebens steht die Liebe zu Jesus, Anbetung, Gebetsdienst und Verkündigung des Evangeliums und ebenso der Ruf zur Umkehr und zur weltweiten Versöhnung. Die als zentral angesehene Verkündigung im In- und Ausland erfolgt durch Gottesdienste, Druckerzeugnisse, Exerzitien und Tafeln mit biblischen Sprüchen oder Zitaten aus Schriften der Marienschwestern an landschaftlich besonderen Orten.

Israelbezüge und -analogien spielen eine wichtige Rolle, da sich die Marienschwesternschaft besonders die Verständigung mit Israel und den Juden zum Ziel gesetzt hat, um ein Zeichen der Reue gegenüber den deutschen Verbrechen an den Juden zu setzen. So wurde das 1949 erworbene eigene Gelände an der Heidelberger Straße in Eberstadt „Kanaan“ genannt, der Garten ist der biblischen Landschaft zur Zeit Jesu nachgebildet. Hier befindet sich die Hauptniederlassung der Kommunität. 1949 bis 1952 entstanden dort das Mutterhaus und die Kapelle der Leiden Jesu, es folgten weitere Gebäude, so 1954 das Jesu Werkhaus, in dem die Schwestern künstlerisch tätig sind und ihre Schriften drucken, 1958 das Gästehaus Jesu Freude und 1961 die Jesu Ruf-Kapelle. 1960 wurde mit dem Margaretenhaus ein Heim für alte und pflegebedürftige Menschen errichtet. 1968 gründete sich in Eberstadt eine Franziskus-Kanaan-Bruderschaft, für die ein eigenes Gebäude errichtet wurde, das Franziskus-Haus. 1972 lebten dort vier Brüder, heute sind es neun. Zweigniederlassungen gibt es in einigen europäischen Ländern, in Nord- und Südamerika, Asien und Australien. In Jerusalem unterhalten die Marienschwestern das Beth Abraham, ein Heim für Überlebende des Holocaust. Weltweit gehören der Gemeinschaft etwa 200 Frauen, darunter 120 in DA, sowie 9 Männer an.

Lit.: Lexikon für Theologie und Kirche Bd. 3, Sp. 1047f.; Theologische Realenzyklopädie Bd. 7, S. 207-212.