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Marienhospital

Der Altbau des Marienhospitas gehört zu den wenigen reinen Jugendstilhäusern DAs unterhalb der Mathildenhöhe. Das Gebäude entstand 1905/06 nach Plänen des Darmstädter Architekten Karl Klee (1871-1927). Auftraggeber war der Darmstädter Maschinenfabrikant Goebel. Er hatte sich von Klee eine imposante Villa planen lassen, in der er mit seiner Familie lebte. Weil das Anwesen am Martinspfad neben einem kleinen Forellenteich lag, nannte Goebel sein Haus „Haus am Forellenteich“. Seit 1930 gehört es mitsamt seinem Park und allen Nebengebäuden dem Orden der Schwestern von der Göttlichen Vorsehung. Der Architekt Max Melsheimer (*1890) erweiterte die Villa damals um einen großen Bettentrakt und baute das alte Anwesen zum Krankenhaus um. Nach der Zerstörung der Stadt im September 1944 bot das fast unbeschädigte Krankenhaus vielen Verletzten Zuflucht.

Das Marienhospital war seitdem bis zum Sommer 2012 ein reines Belegkrankenhaus, bevor es im Juli 2012 seine erste eigene Hauptabteilung eröffnete – die Klinik für Innere Medizin, in der festangestellte Ärzte die Versorgung der Patienten übernehmen. Damit kombiniert das Marienhospital erfolgreich das Belegarzt- und Chefarztsystem. Das Marienhospital ist darüber hinaus heute eine der beliebtesten Geburtskliniken in Südhessen. Seit Beginn der 1990er Jahre hat das Marienhospital sein Klinikum erheblich erweitert und dabei auch die alte Goebel’sche Villa denkmalgerecht saniert. Die hohen Räume rings um das imposante Treppenhaus wurden zu Arztpraxen umgebaut, im Erdgeschoss entstand ein öffentliches Café. Auch die Kapelle des Krankenhauses hat dort ihren Platz.

Karl Klee, ein Zeitgenosse des renommierten Darmstädter Jugendstilarchitekten Joseph Maria Olbrich, gab sich beim Entwurf des pompösen Wohnhauses Anfang des 20. Jahrhunderts viel Mühe mit den gestalterischen Details. Das Vordach am Haupteingang besteht aus einer filigranen Metallkonstruktion mit Glasfüllung. Eine Kristall-Leuchte vervollständigt das Entree, das mit fast jeder Metro-Station in Paris konkurrieren könnte. Gleich neben dem Eingang mit reich verzierter Tür erregen Kellerfenstergitter mit aufwändigem Blütendekor die Aufmerksamkeit der Besucher. In flotten Jugendstillettern hat sich Klee selbst als Planer im Stein verewigt, zusammen mit Hinweisen auf das Baualter des Hauses. Über der Holztür mit schmiedeeisernem Dekor prangt der Name der Villa, den heute kaum noch einer kennt: „Haus am Forellenteich“. Der Turmstumpf unter der großen mit Grünspan patinierten Kuppel ist aus dunklem Holz geschnitzt. Züngelnde Drachen fernöstlicher Herkunft speien nach Regengüssen Wasser vom biberschwanzgedeckten Dach. Mit zur denkmalgeschützten Villa gehören die einstige Remise mit Kutscherhaus und der kleine Tempel im Park. Remise und Kutscherhaus beherbergten lange die Wäscherei des Krankenhauses und die Wohnung des Seelsorgers.
Heute haben dort Facharztpraxen ihre Räume. Die Nebengebäude wurden zusammen mit der alten Villa Anfang des 21. Jahrhunderts denkmalgerecht saniert. Klee gehörte zu den wenigen freischaffenden Darmstädter Architekten, die sich gelegentliche Ausflüge ins Jugendstildekor erlaubten. Andere Kollegen hielten den Jugendstil für eine vorübergehende Modeerscheinung und beteiligten sich nicht an seiner Verbreitung. Parallel zum „Haus am Forellenteich“ baute Klee 1905/06 ein weiteres Projekt mit imposantem Jugendstilschmuck: die Hofmöbelfabrik Alter in der Kirschenallee. Das gut erhaltene Fabrikgebäude beherbergt heute das Haus für Industriekultur als Außenstelle des Hessischen Landesmuseums.

Lit.: Grimm, Immo / Kauder,Wolfgang: Das Marienhospital Darmstadt. Vom Ordenshospital zur Klinikum-GmbH, Darmstadt 2018.