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Ludewig I. Großherzog von Hessen und bei Rhein

* 14.06.1753 Prenzlau
† 06.04.1830 Darmstadt
In Ludwigs Lebens- und Regierungszeit vollzog sich der Umbruch vom aufgeklärten Spätabsolutismus zum bürgerlichen Verfassungsstaat, an dem er für sein Land maßgeblich mitgewirkt hat. Geprägt wurde er zunächst von der Mutter, der vielseitig gebildeten „großen Landgräfin“ Karoline. Auf Studienjahre im holländischen Leiden folgten Bildungsreisen nach London, Paris und 1773 über Berlin zur Hochzeit der Schwester Wilhelmine in St. Petersburg. Die Eindrücke, die Ludwig auf einem Feldzug als russischer General gewonnen hatte, bestärkten seine aus den Ideen der Aufklärung gewonnenen Reformgedanken. „Eine große, feste, treue Natur mit einer ungeheueren Imagination“ schrieb Goethe nach Ludwigs Weimar-Besuch an den Darmstädter Freund Johann Heinrich Merck.

Die nach dem Regierungsantritt 1790 als „Landgraf Ludwig X.“ mit einem „Freiheitsbrief“ für die Katholiken begonnenen Reformen wurden von der Ausstrahlung der Französischen Revolution gestoppt. Auf den Verlust der linksrheinischen Grafschaft Hanau-Lichtenberg folgten die Abwehrkriege gegen die Revolutionstruppen. Nach der 1799 durchgesetzten Neutralität, dem beträchtlichen Territorialgewinn durch den Reichsdeputationshauptschluss, entschied sich Ludwig erst unter massivem militärischen Druck für den Anschluss an den Rheinbund 1806, der ihm mit dem Titel „Großherzog“ zugleich die Verpflichtung zur verlustreichen Unterstützung der Feldzüge Napoleons in Österreich, Spanien und Russland brachte. Der nach der Leipziger „Völkerschlacht“ 1813 vollzogene Wechsel ins alliierte Lager ermöglichte die endgültige Absicherung des Landes auf dem Wiener Kongress. Die Absicht Ludwigs und seiner Minister, die schon 1803 eingeleitete Reform von Staat und Verwaltung ohne Mitwirkung der 1806 aufgelösten Stände zu schaffen, scheiterte an der liberalen Verfassungsbewegung, die zur letztlich mit dem Landtag vereinbarten Verfassung von 1820 führte.

Mit der politischen Neugestaltung verband Ludwig eine aktive Kulturpolitik, deren Anfänge bis in die Erbprinzenjahre zurückreichen. Dazu gehört nicht nur die architektonische Erneuerung der Hauptstadt durch Oberbaudirektor Georg Moller und seine Schüler. Wichtiger noch war Ludwig die kulturelle Bildung der Bürger durch die Verbesserung des Schulwesens, die Öffnung von Hofbibliothek und Museum in den dazu ausgebauten Barockflügeln des Schlosses und den Neubau des bei 20.000 Einwohnern auf 1.800 Plätze angelegten Hoftheaters der Residenz. Die Grabstätte von Ludewig I. befindet sich im Alten Mausoleum (Mausoleen) auf der Rosenhöhe. Heute erinnern der Ludwigsplatz und die Ludwigstraße in der Innenstadt an ihn.

Lit.: Neue Deutsche Biographie. Hrsg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 15, S. 395f.; Eckhart G. Franz: Der erste und der letzte Großherzog von Hessen. Fürstliche Kunstförderung in Darmstadt. In: Hof, Kultur und Politik im 19. Jahrhundert, Bonn 1985; Handbuch der hessischen Geschichte, Bd. 4/2, Marburg 2003, S. 679ff; Haus Hessen. Biografisches Lexikon, hrsg. von Eckhart G. Franz (Arbeiten der Hessischen Historischen Kommission, NF 34), Darmstadt 2012, HD 52, S. 311-313; Richter, Christine Monika: Großherzog Ludewig I. von Hessen. Politik im Zeitalter Napoleons, Darmstadt 2016 (Darmstädter Schriften 104).