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Herzberg, Gerhard

Physiker
* 25.12.1904 Osdorf/Pinneberg
† 03.03.1999 Ottawa/Kanada
Gerhard Herzberg begann sein Studium der Technischen Physik 1924 an der TH Darmstadt, beendete seine Diplomhauptprüfung 1927, ein Jahr später erschien seine von Hans Rau betreute Dissertation
„Über das Nachleuchten von Stickstoff und Sauerstoff". Mit einem Stipendium der Studienstiftung hielt er sich dann in Göttingen auf, wo er bei hervorragenden Physikern wie Born, Franck, Heitler und Hund arbeitete. Hier entstand seine Habilitationsschrift Zum Aufbau der zweiatomigen Molekühle“, die er 1930 der TH Darmstadt vorlegte. Ab 1930 hielt er in DA als Privatdozent Vorlesungen über Atomphysik, Moderne Spektroskopie und ihre Bedeutung für die Chemie sowie über Wellen- und Quantenmechanik. Bereits zu dieser Zeit hatte sich Herzberg einen Namen in der Scientific Community gemacht. Mit seiner jüdischen Frau musste Herzberg 1935 Deutschland verlassen. Ein früherer kanadischer Mitarbeiter ebnete ihm den Weg an die Universität von Saskatchewan in Saskatoon, wo er zuerst als Gastprofessor, dann als Ordinarius zehn Jahre tätig war. Hier entstand sein zweibändiges Standardwerk über „Molekülspektren und Molekülstrukturen“. Von 1945 bis 1948 arbeitete er am Yerkes Observatory der Universität Chicago in Illinois, wo er sich, seiner Neigung zur Astrophysik nachgehend, Forschungen zur interstellaren Materie, zu den Kometenschweifen und der Sternatmosphäre widmete. 1948 kehrte Herzberg nach Kanada zurück als Direktor des Physik-Departments am National Research Council of Canada in Ottawa. Er blieb dort bis zu seiner Emeritierung 1969. Unter seiner Leitung entstand in Ottawa ein hervorragendes Zentrum für Molekülspektroskopie, das ein Anziehungspunkt für viele junge Wissenschaftler aus aller Welt wurde.

1971 wurde Herzberg der Nobelpreis für Chemie verliehen „für seine Beiträge zur Kenntnis der elektronischen Struktur und Geometrie der Moleküle, besonders auch der freien Radikale“. Herzberg hielt auch in seinen späten Jahren mit der Darmstädter Physik noch immer den Kontakt. Ihm zu Ehren veranstaltete der Fachbereich 1979 anlässlich des 50-jährigen Jubiläums seiner Habilitation ein Festkolloquium, an dessen Diskussionen er teilnahm. Auch bei seiner letzten Deutschland-Reise 1996 stattete er seiner früheren Wirkungsstätte nochmals einen Besuch ab. Seine Ideen und Entdeckungen beeinflussten die moderne Entwicklung der Chemie von der chemischen Kinetik bis zur Kosmochemie. 2002 wurde der Herzbergweg in Arheilgen nach ihm benannt. Im Studienjahr 2003/2004 gründete sich an der TU Darmstadt die „Gerhard Herzberg Gesellschaft“ als Freundeskreis des Fachbereich Physik. 2010 wurde auf dem Gelände der TU Darmstadt ein Stolperstein (Mahnmale) für seine Frau und ihn verlegt.

Lit.: Stoicheff, Boris: Gerhard Herzberg. An Illustrious Life in Science. Montreal & Kingston /London /Ithaka 2002; Schmidt, Isabel: Nach dem Nationalsozialismus. Die TH Darmstadt zwischen Vergangenheitspolitik und Zukunftsmanagement (1945-1960), Darmstadt 2015.