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Gehaborner Hof

Dem 1136 gegründeten Zisterzienserkloster Eberbach im Rheingau fiel schon in den ersten Jahrzehnten nach der Gründung umfangreicher Besitz im Rheingau, an der Lahn, in Rheinhessen und im Ried zu, so auch das 1163 erstmals erwähnte Gut Gebenbrunnen (Gehaborn) bei Weiterstadt, wo die Mönche einen Wirtschaftshof errichteten. Von hier aus wurde der umfangreiche Grundbesitz, der dem Kloster Eberbach in der Umgebung des Gehaborner Hofs, in Weiterstadt, Gräfenhausen, Schneppenhausen, Wixhausen, Arheilgen, Griesheim, Klein-Gerau und auch in DA gehörte, verwaltet. Die Darmstädter Pächter mussten ihre Grundabgaben jedes Jahr zum Gehaborner Hof bringen, von wo sie nach Eberbach weiter transportiert wurden. 1578 traten die Eberbacher Mönche den Gehaborner Hof – nicht ganz freiwillig – an Landgraf Georg I. ab, der den Hof für die Versorgung seiner Hofhaltung benötigte. Er baute das Hofgut um 1580 aus (Reste der Gebäude stehen noch heute) und ließ es durch einen Graben schützen. Der Hof diente vor allem der Schafzucht, aber auch Rinder wurden hier gemästet. 1680 bis 1727 befand sich die Hofbrauerei auf dem Gehaborner Hof. Der Ackerbau warf dagegen nicht viel ab, deshalb wurde ein Teil des Grundbesitzes mit Tannen besät. Angebaut wurden Kartoffeln, Klee, Korn, Lupinen und Hafer.

Nach langwierigen Verhandlungen übernahm die Stadt DA den Gehaborner Hof im Frühjahr 1897 von der großherzoglichen Verwaltung, um auf seinem Grund und Boden Rieselfelder anzulegen. Seit der Einführung der zentralen Wasserversorgung mit Schwemmkanalisation im Jahr 1880 war die Menge des städtischen Abwassers sprunghaft gestiegen und vom Darmbach und den vorhandenen Rieselfeldern nicht mehr zu bewältigen (Kläranlagen). Unmittelbar nach dem Erwerb begann die Stadt mit der Abholzung des Baumbestands und der Anlage von Rieselfeldern. Der Hof selbst wurde zunächst verpachtet, 1920 aber in die Eigenbewirtschaftung der Stadt übernommen und der städtischen Güterverwaltung unterstellt, vermutlich, um mit dem Eigenbau von Gemüse die Versorgung der städtischen Bevölkerung in wirtschaftlich schwieriger Zeit zu verbessern. In den nächsten Jahren brachte man den Gehaborner Hof mit umfangreichen Umbau- und Sanierungsmaßnahmen auf den neuesten Stand der Technik und schloss ihn an die Stromversorgung an. 1936 standen hier 26 Pferde, fast 200 Rinder und Kälber, 110 Schweine und Ferkel, 50 Enten und 100 Hühner. Bis zu 60 Personen waren in den Jahren vor und nach dem Zweiten Weltkrieg dort beschäftigt. In den 1960er Jahren wurde der Gehaborner Hof erneut mit Millionenaufwand modernisiert. Die Gewinne gingen dennoch zurück. Seit der Errichtung der Kläranlage wurden die Felder auch nicht mehr als Rieselfelder benötigt. Deshalb gab es bereits seit den späten 1960er Jahren Überlegungen, den Gehaborner Hof zu verkaufen. Auch die Anlage eines Golfplatzes und eines Industrieparks wurde diskutiert. Nach dem Tod des letzten Hofverwalters und nachdem alle weiteren Planungen nicht von Erfolg gekrönt waren, wurde der Gehaborner Hof 2000 verpachtet und damit aus der städtischen Eigenbewirtschaftung entlassen, 2014 wurde die Liegenschaft endgültig verkauft.

Lit.: Engels, Peter: Von der Grangie zum Stadtgut – Geschichte des Gehaborner Hofes. In: Gehaborn. 100 Jahre Stadtgut, Darmstadt 1997, S. 7-35.