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Ströher, Karl

Unternehmer, Kunstmäzen
* 15.03.1890 Rothenkirchen
† 26.11.1977 Darmstadt
Karl Ströher wurde als drittes Kind des Friseurs und Perückenmachers Franz Ströher (1854-1936) geboren, der 1880 in Rothenkirchen im Vogtland einen Betrieb zur Herstellung und zum Vertrieb von Haartüll, der Grundlage für die Herstellung von Perücken, gegründet hatte. Seine Ausbildung erhielt er an der Leipziger Handelshochschule. Im Ersten Weltkrieg diente Ströher als Artillerieoffizier. Bereits 1908 waren Karl Ströher und sein Bruder Georg (1891-1964) in das väterliche Unternehmen eingetreten; sie begannen mit der Erschließung des europäischen Marktes, ab 1910 auch des US-Marktes. Während Karl Ströher den Aufbau der kaufmännischen Organisation verantwortete, war der gelernte Friseur Georg Ströher in der Forschung und Entwicklung tätig. 1924 erwarb die Firma Ströher die Lizenz zum Bau von Dauerwellapparaten, meldete beim Deutschen Patentamt das Wortzeichen „Wella“ für Friseurarbeiten an und brachte 1927 mit dem „Wella Junior“ den ersten eigenen Dauerwellapparat auf den Markt. Daneben produzierte man Trockenhauben, elektrische Haarschneidemaschinen, Frisierstühle und weitere Einrichtungsgegenstände für Friseurgeschäfte, außerdem neu entwickelte chemische Präparate zur Behandlung von Dauerwellen und für die Haarpflege. 1937 verlagerte die Firma die gesamte technische Produktion, den Versand und die Verwaltung aus dem verkehrstechnisch ungünstig gelegenen Vogtland in ein Zweigwerk in Apolda in Thüringen. Während der NS-Zeit knüpften die Brüder Ströher enge Verbindung zu den neuen Machthabern, verdienten an Rüstungsaufträgen, die sie mit Hilfe von Zwangsarbeitern ausführten, und an Arisierungen, spendeten der NSDAP hohe Summen. 1945 wurde Karl Ströher deshalb in Zwickau zu 10 Monaten Haft verurteilt, war jedoch vorher in den Westen geflohen. Das Werk in Apolda wurde demontiert, das Stammwerk in Rothenkirchen enteignet.

Der Neubeginn der Firma erfolgte im September 1945 in Hünfeld bei Fulda. Hier gründeten Karl und Georg Ströher die Ondal GmbH und führten die Produktion von Wella-Erzeugnissen fort. 1950 verlegte die Firma ihren Sitz mit Verwaltung, Forschungslaboratorien, Lager und Versand nach DA. Zugleich erfolgte die Umbenennung in „Wella AG“. Hier entwickelten Karl und Georg Ströher das Unternehmen zum zweitgrößten Hersteller von Haarkosmetik-Produkten und Friseurbedarf. Karl Ströher blieb als Seniorchef dem operativen Geschäft bis ins hohe Alter verbunden. 1952 begründete er das heute nicht mehr bestehende Wella-Museum zur Geschichte der Kosmetik und des Friseurhandwerks und bereicherte es durch zum Teil mehrere 1000 Jahre alte Exponate. Außerdem trug er eine bedeutende Sammlung zeitgenössischer Kunst zusammen, die ihn zu einem der bekanntesten Kunstsammler machte. Sein Wunsch, diese Sammlung (Ströher-Sammlung) dauerhaft in einem eigens zu errichtenden Erweiterungsbau des Hessischen Landesmuseums zu präsentieren, ging nicht in Erfüllung. Für seine Verdienste erhielt Karl Ströher die Johann-Heinrich-Merck-Ehrung und die Silberne Verdienstplakette der Stadt DA. Seit 1986 vergibt die Karl-Ströher-Stiftung in Erinnerung an den Sammler und Mäzen den Karl-Ströher-Preis. Seine Totenmaske, geschaffen von dem Bildhauer Georg von Kováts, befindet sich im Stadtarchiv DA.

Lit.: Neue Deutsche Biographie. Hrsg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 25, S. 567f.